1. Die Zeit des Heidentums. 5
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gehörte, wurde Hufe genannt. Der Ackerbau beschränkte sich auf die
Frühjahrsbestellung; der Segen und die Arbeit des Herbstes waren
Uunbekannt, da veredelte Obstsorten, Weinbau und Hackfrüchte den Alten
fremd waren. Die Bestellung geschah durch Pflügen, Eggen und
Säen. Die Verbesserung des Bodens durch Dünger war nur wenig
bekannt, weil das Vieh die meiste Zeit des Jahres draußen auf der
Weide ging und froße unbebaute Flächen zum Raubbau lockten.
Der Acker wurde deshalb auch nur zwei Jahre hintereinander mit
Getreide bestellt und dann mehrere Jahre in der Brache gelassen.
Oft wurde erst nach langen Jahren die alte Flur wieder urbar
gemacht, so daß inzwischen Buschwerk und kleine Baumstämmchen
darauf emporwuchsen. Diese Wechselwirtschaft brachte das nötige Holz
zur Feuerung, zu Bauten, Flechtwerk und Zaunanlagen. Das Ab-
brennen der Baumstümpfe und Waldreste hob die Fruchtbarkeit des
Bodens. An landwirtschaftlichen Geräten waren Pflug, Egge, Hacke
und Spaten, der zweiräderige Karren und der vierräderige Wagen
vorhanden.
2. Außer dem bebanten Lande, das jedem eigen war, besaß die
Markgenossenschaft noch Weide= und Waldland, das alle gemeinsam
benutzten und Allmende genannt wurde. Uber die Benutzung der
Allmende gab es genaue Vorschriften. Die Markgenossen hielten
jährlich ein= oder zweimal das Hub= und Haingericht ab, um die vor-
handenen Vorschriften aufs neue einzuschärfen und Frevlern die ver-
diente Strafe zu erteilen. Die Gerichtsstätte hieß Thie; dieser Name
ist in manchem Dorfe bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben.
Der Wald bestand hauptsächlich aus Eichen und Buchen, deren Früchte
den Schweinen zur Mast dienten; Fichten und Föhren sind erst später
in größerer Menge angepflanzt worden.
5. Ver Gau und die Volksgerichte.
1. Die Markgenossen schlossen sich schon frühe zu Gaugenossen
jriammen. Das Gaugebiet lag innerhalb natürlicher Grenzen, wie
sie Berg und Thal, Wald und Fluß bildeten, und erhielt von diesen
auch gewöhnlich seinen Namen. Viele von diesen Namen sind heute
noch bekannt und gebräuchlich. Diesen natürlichen Grenzen entsprechend
waren die Gaue von verschiedener Größe. Jeder Gau hatte seine ge-
meinsame Opfer= und Gerichtsstätte. Die Gerichtsstätte wurde auch
Mahlfstatt genanut; sie lag gewöhnlich inmitten des Gaues an hervor-
ragender Stelle. Auf der Mahlstatt stand ein breitlanbiger Linden-
baum, der mit einem Gehege umgeben war. Innerhalb des Geheges
standen die Richter; außerhalb befand sich das zuhörende Volk und
folgte den Verhandlungen. Aus der Zahl der Edelinge des Gaues
wurde einer als oberster Nichter gewählt. Jeder mündige, freie Mann
war verpflichtet, im Schmucke der Waffen auf der Mahlstatt zu er-
scheinen, sobald die Ladung an ihn erging. Geschriebene Gesetze und