Full text: Deutsche Geschichte für Schule und Haus nach den Forderungen der Gegenwart für das Königreich Bayern.

I. Die Zeit des Heidentums. 7 
  
  
Wodan duchwogen sie die Jagdgründe des Himmels, mit ihm setzten 
ste sich zu Tische, schmausten von dem Eber, der stets wieder heil 
und ganz ward, und tranken Met aus großen Hörnern. Dem Wodan 
war der Mittwoch geweiht, der früher Wodanstag hieß. Zur Zeit der 
Wintersonnenwende hielt Wodan seinen Umzug mit dem wütenden 
Hcere; dann war das große Julfest, das zwölf Nächte dauerte. Noch 
heute weiß die Sage vom wilden Jäger, Helljäger oder Wode zu er- 
zählen. Das ist Wodan. An die Stelle des Julfestes ist unfer Weih- 
nachtsfest getreten. 
2. Wodans gewaltigster Sohn hieß Donar. Von ihm hat der 
Donnerstag seinen Namen. Donars Bart war feuerrot, seine Waffe 
ein gewaltiger Hammer, den kunstgeschickte Zwerge geschmiedet hatten. 
Blies er in den Bart, so sprühten Blitze heraus, schlug er mit dem 
Hammer gegen den Schild der ungefügen Riesen, so grollte Donner 
durch die Luft, der Regen rauschte hernieder und machte das Land 
fruchtbar. Zu Ehren Donars loderten in der Sommerzeit auf den 
Bergen Holzstöße von Eichen, Erlen und Bocksdorn; Ziegenböcke oder 
bekränzte Ochsen wurden durch die Fluren nach dem Opfersteine ge- 
führt, dort geschlachtet und beim Opfermahle verzehrt. Mit dem 
Blute wurde die geschmückte Donarseiche besprengt. Hölzerne Hämmer 
und rothaarige Eichhörnchen wurden in das Feuer geworfen und 
glimmende Scheite herausgezogen, um durch sie die Häuser vor Ge- 
witterschaden zu schützen. Donars Schwester war die liebliche Früh- 
lingsgöttin Ostara, deren Fest in dieselbe Zeit fiel, in welcher wir das 
OÖsterfest feiern. Der Name des Osterfestes und die Osterfeuer erinnern 
noch jetzt an diese Göttin. 
3. Zin oder Saxnot wurde als Kriegsgott verehrt. Sein Tag 
war der Dienstag oder Ziustag. Die Krieger ritzten die Rune als 
sein Zeichen in das Schwert; ihm zu Ehren stimmten sie Kriegsgesänge 
an, und ihm galten die Schwerttänze der Jünglinge. 
4. Neben Ostara wurden auch Freia und Hela als Göttinnen 
verehrt. Von der Freia hat der Freitag seinen Namen erhalten. Wo 
Freia hinkam, verbreitete sie Frieden und Fruchtbarkeit. Die Erde 
schmückte sich mit frischem Grün, und Halme entsprossen dem Acker. 
Weil sic hold und freundlich war, nannten die Menschen sie auch Frau 
Hulda oder Holle. Sie spann am Rocken, belohnte die fleißigen und 
bestrafte die faulen Spinnerinnen und machte die Betten, daß die 
Schneeflocken in der Luft umherflogen. Auf einem mit Katzen be- 
spannten Wagen fuhr sie einher, und wollten die Bräute zur Hochzeit 
gutes Wetter haben, so versäumten sie nicht, die Lieblinge der Göttin 
gut zu füttern. — Schrecklich aber war Hel oder Hella, die Göttin 
der Unterwelt und des Todes. Ihr Reich war das, was wir noch 
jetzt unter dem Namen Hölle kennen. 
5. Des Nachts, zur Zeit des Voll= und Neumondes, fand die Ver- 
ehrung der Götter statt. Dann kam die ganze Gemeinde am Opfer- 
platze zusammen. In heiligen Hainen, auf Bergesspitzen oder an 
ranschenden Quellen standen die Opfersteine oder Altäre. Die Um- 
  
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