20 II. Die Zeit des Kampfes zwischen Heidentum und Christentum.
von ihren Göttern und Helden sprachen, oder er stimmte seine
frommen Weisen an, wenn sie ihre Heldenlieder fangen. Kam dann
der Tag der Volksversammlung, so zog er im Schutze seines Gast-
freundes nach der Mahlstatt und brachte vor versammeltem Volke, wie
einst Paulus zu Athen, seine Sache vor. Dann ging dumpfes
Murmeln durch die Reihen, aber der Edeling verließ seinen Gastfreund
nicht, sondern erzählte, wie sich derselbe in seinem Hause als Ehren-
mann gehalten habe, und daß es keine Schande sei, den Gott zu ehren,
dem auch tapfere Helden dienten. Nun teilten sich die Meinungen:
schließlich mußte das Los entscheiden.
2. War die Predigt des Evangeliums erlaubt, so konnte der
Missionar ungehindert in der Gegend sein Werk betreiben. An der-
selben Stelle, wo vordem der Götzenaltar gestanden hatte, erhob sich
ein hölzernes Kirchlein. Der Mönch half selber mit bauen und kam
nur noch des Abends in der Heiden Mitte. Der Gesang von den
Göttern verstummte nach und nach, weil ihn der Missionar heidnisch
schalt, und nur die alten Heldengesänge dauerten fort.
3. Das Leben in der jungen Christengemeinde war in vielen
Stücken anders als die heidnische Weise. Die alte Wildheit wich
christlicher Sitte und Milde, und nur die Tapferkeit und Treue, die
Freigebigkeit und Dankbarkeit, die Keuschheit und Familienkiebe blieben
und wuchsen kräftiger und herrlicher aus dem Christentume hervor.
Bald waren es nur noch wenige, in den entlegensten Heiden und
tiefsten Waldgründen, die Christum nicht angehören und Heiden bleiben
wollten. Kapellen und Kreuze, Muttergottes= und Heiligenbilder traten
den Christen auf Wegen und Stegen entgegen und erinnerten an die
Nähe Gottes. Die nächtlichen Götzenfeste verschwanden, christliche
Feiertage und sonntäglicher Gottesdienst traten an ihre Stelle. Die
Kindlein wurden in zartem Alter zur Taufe gebracht und erhielten
Namen, die dem neuen Glauben und Hoffen entsprachen. So wurde
z. B. jetzt ein Knabe Gottfried genannt, weil man wünschte, daß er
einst zum Frieden in Gott kommen möge, und ein Mädchen in der-
selben Hoffnung Elisabeth, was Ruhe in Gott bedeutet. Die Braut-
leute wurden von dem Priester vor Gottes Altar gesegnet, und die
Toten unter priesterlichem Geleite und Gebete neben der Kirche be-
tattet.
n 4. Die Bekehrten bauten sich gern um die Kirche an und setzten
den Namen ihres Ortes oft mit „Kirche“ oder „Kapelle" zusammen,
z. B. Kirchdorf, Waldkappel u. s. w. Auch ließen sie sich gerne bereit
seinden ihrem Priester allerhand kleine Gaben, als Eier, Hühner,
Gänse, Fleisch, Wurst, Brot und anderes zu liefern. Häufig wurde
der Kirche ein ganzer oder halber Hof überlassen, von deffen Ertrag
der Priester leben und seine Wirtschaft erhalten konnte. — Damit
aber die Gemeinde in lebendiger Verbindung mit der übrigen Christen-
heit bliebe, erstattete der Priester seinem Kloster und Bischofe ab und
zu Bericht und bat in zweifelhaften Fällen um Rat. Der Bischof
besuchte dagegen zu Zeiten Priester und Gemeinde mit größerm Ge-