III. Die Zeit der Lehensherrschaft.
„Die Köulge herrschen.
und die Obrigkeiten haben Gewalt.“
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25. Entwickelung und Art der Lehensherrschaft.
1. König Chlodwig und seine Nachfolger hatten von den eroberten
Ländern derart Besitz genommen, daß sie zwar den Bewohnern ihren
erb= und eigentümlichen Grundbesitz ließen, aber die Allmende, die
Güter der Edelinge und aller Gefangenen nahmen. Mit einem Teile
dieses Landes bedachte der König seine Krieger, die ihm zur Er-
oberung gefolgt waren. Jeder Krieger erhielt sein Ackerlos als freies
Eigentum oder Allod. Die verbleibenden Teile wurden zu großen
Domänen, d. h. Krongüter, gemacht. Von diesen Gütern gab der
König seinen Getreuen und Hoöchstgestellten solche, dic er selbst nicht
verwalten konnte, derarl, daß sie sein eigen blieben und jenen nur
zur Nutznießung geliehen waren; man nannte sie darum Lehen. Der
Belehnte oder Lehensmann behielt das Lehen gewöhnlich auf Lebeus-
zeit, wenn er es nicht durch Treulosigkeit verwirkte; er zahlte keine
Abgaben, war aber dem Lehensherrn zur Heeresfolge in jedem Streite
verpflichtet. Der Kaiser war danach oberster Lehensherr. Er gab
Teile des Reichsgebietes den Hohen des Landes: den Herzögen,
Bischöfen und Grafen, zu Lehen, und diese konnten alles, was einen
dauernden Ertrag gewährte: Grund und Boden, Zehnten, Zölle, Kirchen,
Klöster und Amter weiter verleihen.
2. Trotz dieser Veränderung war jeder freie Mann und Grund-
besitzer zum Kriegsdieuste verpflichtet, wenn dieser eine Volkssache
betraf. Der Kriegsdienst wurde immer mehr zu Pferd geleistet und
war darum für die minderbegüterten Freien sehr drückend. Manche
hielten es deshalb mit der Zeit für vorteilhafter, ihr freies Eigentum
einem mächtigen Nachbarn als Grundherrn zu übergeben und es
vergrößert als Lehen zurückzuempfangen. Das Lehensverhältnis, in
welches der Bauer dadurch zum Grundherrn trat, führte in der Folge
zu einer Minderung seiner persönlichen Freiheit, weil der Herr mit
der Zeit auch persönlich freie Hintersassen seinen Hörigen gleichstellte.