Full text: Deutsche Geschichte für Schule und Haus nach den Forderungen der Gegenwart für das Königreich Bayern.

344 III. Die Zeit der Lehensherrschaft. 
  
wandten sie sich zu solch eiliger Flucht, daß man nur wenige von 
ihnen fangen konnte. Ihr Lager erstürmte der König und befreite 
dort alle Gefangenen. So lange Heinrich lebte, betrat kein Ungar den 
deutschen Boden wieder. — Heinrich und seine Nachfolger nennt man 
die sächsischen Kaiser. 
34. Otto I. 
962. 
1. König Heinrich war gestorben. In der Säulenhalle, welche 
die Kaiserpfalz zu Aachen mit dem Münster verband, stand der 
Marmorstuhl Karls des Großen, der Erzthron des Reichs; hier ver- 
sammelten sich am 8. August 936 die Großen aus allen deutschen 
Landen, erhoben Otto, den Sohn Heinrichs, auf den Thron und 
gelobten ihm unter Handschlag Treue und Beistand. Nach dieser 
Huldigung begab sich Otto, von den Herzögen, Grafen und Herren 
begleitet, in feierlichem Zuge zum Münster. Die obern Gänge 
desselben füllte eine dichte Volksmenge; im untern Raume er- 
wartete der Erzbischof von Mainz mil andern Erzbischöfen, Bischöfen 
und Priestern den jungen König. Als dieser an der Pforte erschien, 
schritt der Erzbischof ihm entgegen, den Krummstab in der Rechten, 
und führte ihn an der Linken bis in die Mitte des Münsters, wo 
Kaiser Karls Grabstein liegt und Otto von allen Seiten erblickt 
werden konnte. Hier wandte er sich um und rief: „Sehet, ich führe 
euch Otto zu, den Gott zu eurem Könige erwählt, König Heinrich 
bestimmt hat, und alle Fürsten erhoben haben! Gefällt euch solche 
Wahl, so erhebt cure Rechte zum Himmel!“ Alle erhoben die Hände, 
und donnernd hallte es in der Runde: „Heil und Segen dem neuen 
Herrscher!“ » 
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die Zeichen der königlichen Würde bereit lagen. Zuerst nahm 
er Schwert und Wehrgehänge und sprach zum Könige: „Nimm hin 
dies Schwert und triff damit alle Feinde des Herrn; denn darum 
hat dir Gott die Gewalt verliehen, daß die gauze Christenheit sichern 
Frieden habe!“ Dann ergriff er Mantel und Spangen, legte sie ihm 
an und sprach: „Die Säume dieses Gewandes, die bis zur Erde 
herabwallen, sollen dich mahnen, bis an das Ende auszuharren im 
Eifer für den Glauben und in der Sorge für den Frieden“. Als 
er ihm Zepter und Stab überreichte, sprach er: „An diesem Zeichen 
lerne, daß du vöäterlich züchtigen sollst, die dir untergeben sind! 
Dann fuhr er fort: „Strecke deine Hand aus voll Barmherzigkeit 
gegen die Diener Gottes, gegen Witwen und Waisen, und nimmer 
versiege auf deinem Haupte das Ol des Erbarmens, auf daß du hier 
und dort die unvergängliche Krone empfangest". Bei den letzten 
Worten salbte er ihn mit dem heiligen Ole und setzte ihm die goldene 
Krone aufs Haupt. Dann stieg Otto zum Throne empor, der
	        
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