IV.
Die Zeit des Verfalls der Kaisermacht.
„Das Alte stürzt;
es ändert sich die Zeit.“
42. Otto l. von Wittelsbach.
1180.
1. Der bayerische Pfalzgraf Otto von Wittelsbach war dem Kaiser
Friedrich Barbarofsa ein treuer Mitkämpfer auf dem ersten Römerzuge;
er bekleidete im Heere die Stelle des Reichsbannerherrn. Als Barba-
rossa auf dem Rückzuge von Italien mit seinem Heere in einen
Engpaß, die Veroneser Klause, kam, da verwehrte ihm ein räuberischer
Ritter, Namens Alberich, mit etwa 500 Genossen den Durchzug.
Die Lage der Kaiserlichen war trostlos: rechts steile Felswände mit
einer Burg, deren Insassen Steine und Felsstücke herabzuwälzen
drohten und links die brausende Etsch; nirgends ein Ausweg. Als
Preis des freien Durchzuges verlangten die Veroneser von jedem Ritter
ein Pferd oder einen Panzer und vom Kaiser eine große Geldsumme.
Das waren demütigende Bedingungen, auf welche Barbarofsa nicht ein-
gehen konnte. Da sagte er in seiner Not zum Pfalzgrafen Otto: „An
Euch ists, diese Schmach zu rächen!“ Mit 200 Söhnen des bayerischen
Hochlandes klomm dieser nun über unwegsame Felsen, Schluchten und
Kuppen auf die steile Höhe, welche der Feind nicht besetzt hatte, da
sie nur den Vögeln zugänglich schien. Als die Tapferen oben an-
gekommen waren, entfaltete Otto das Reichsbanner und stürzte sich
mit den Seinen auf die Verräter. Diese flohen erschreckt; viele zer-
schellten im Abgrunde; die Burg wurde mit siegender Hand genommen;
Alberich und 12 Genossen wurden gefangen und vom Kaiser zum
schimpflichen Tode verurteilt. Nun konnte das deutsche Heer ungehin-
dert weiterziehen.
2. Diesen treuen Dienst vergaß der Kaiser dem mutigen Wittels-
bacher nicht. Als Heinrich der Wire seiner Widerspenstigkeit halber
abgesetzt wurde, übertrug Friedrich Barbarossa auf dem Reichstage zu
Altenburg (16. September 1180) das erledigte Herzogtum Bayern
dem Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach, der aus dem alten Geschlechte