44 IV. Die Zeit des Verfalls der Kaisermacht.
der Luitpoldinger stammte und in Bayern schon große Güter besaß.
Damals bestand das Herzogtum aus Ober= und Rlederbayern, aus
dem südlichen Teile des Nordgaues, dem Innviertel und einigen Land-
schaften in Nordtyrol. Im Anfange seiner Regierung hatte Okto einen
schweren Stand, denn mehrere mächtige Grafen wollten ihn nicht als
Herzog anerkennen. Bald erweiterte er jedoch seine Hausmacht durch
Erwerbung von Grafschaften. Otto berief Landtage ein, handhabte
die Gesetze gerecht und streng und war stets ein treuer Anhänger des
Kaisers- Auf der Heimreise vom Reichstage in Konstanz ereilte ihn
der Tod.
3. Obwohl Ottos Sohn Ludwig erst zehn Jahre zählte, übertrug
ihm der Kaiser doch das Herzogtum Bayern als Lehen. Im Jahre
1208 erhielt er es aber erst als erblichen Besitz. Herzog Ludwig,
genannt der Kehlheimer, wußte sein Land bedeutend zu vergrößern.
Kaiser Friedrich II. gab ihm 1214 die Pfalzgrafschaft bei Rhein zu
Lehen. Um diese schöne Besitzung dauernd den Wittelsbachern zu
erhalten, vermählte Ludwig seinen Sohn Otto mit Agnes, der Erb-
kochter des Pfalzgrafen Heinrich. Seit jener Zeit steht auch die Pfalz
unter der Herrschaft der Wittelsbacher. Ludwig erwarb sich durch
Hebung von Ackerbau, Handel und Gewerbe große Verdienste um
Bayern; die Städte Kehlheim, Landshut und Straubing fanden an
ihm einen Förderer. Als er später vom Kaiser abfiel und auf die
Seite des Papstes trat, wurde er in der Nähe von Kehlheim von
einem Unbekannten ermordet.
43. Wie das alte deutsche Reich verstel.
1. Mit der Zeit wurden die großen Lehen erblich, da das Lehensgut
stillschweigend vom Vater auf den Sohn überging. Die ehemaligen
Lehensmänner: Kurfürsten und Herzöge, Grafen, Bischöfe, Abte und
freie Städte, betrachteten sich nun als selbständige Herren und stellten
sich als Reichsstünde dem Kaifer zur Seite; sie wollten in allen wich-
tigen Angelegenheiten gefragt sein. Die kaiserliche Gewalt wurde da-
durch immer geringer, so daß kaum noch ein deutscher Fürst Verlangen
hatte, die Kaiserkrone zu tragen; der Thron stand sogar einmal siebzehn
Jahre lang ganz leer.
2. Nach dieser kaiserlosen Zeit wurde zuerst Graf Rudolf von
Habsburg zum Kaiser gewählt, Ihm weigerte König Ottokar von
Böhmen den Gehorfam, weil er selbst auf die Krone gehofft hatte.
Ottokar war ein mächtiger Herr; er hatte zu seinem Böhmenlande
noch ganz Ostreich erobert und damit ein Reich geschaffen, das weit bis
nach Polen und Ungarn reichte. Trotzdem zog Rudolf ihm entgegen
und schlug ihn. Ottokars Sohn machte hernach mit dem Kaiser Frieden
und behielt darum Böhmen, aber Östreich gab Rudolf seinem eigenen
Sohne zu Lehen und gründete damit die habsburgisch-östreichische Macht,
die noch heute besteht. Habsburgische Fürsten haben jahrhundertelang
den deutschen Kaiserthron inne gehabt.