V. Die Zeit der Reformation. 61
erhoben. Diese Steuern führten verschiedene Namen. Bei der Fest-
setzung derselben mußten die Landstände befragt werden. Das Reisgeld
war eine Kriegsstener, die von jenen erhoben wurde, welche nicht als
Reiter zu dienen brauchten. Eine der ersten Steuern war die Vieh-
oder Klauensteuer. Später kam die Vermögenssteuer auf, die den
zwanzigsten Pfennig, also 5 Prozent, betrug. Auch die Grund= oder
Bodensteuer wurde damale eingeführt. Bei der Huldigung des Her tzogs
mußte auch öfter eine auhergewöhnliche Steuer „von Huldigung wegen"
entrichtet werden. Zoll und Ungeld waren die ersten indirekten Steuern,
die von Vieh, Wein, Salz, Getreide, Tuch, Leinwand, Eisen u. a. er-
hoben wurden. Das ungeld erregte oft den Unwillen des Volkes. Diener,
Knechte und Mägde, sowie der Adel und die Prälaten waren steuerfrei.
Der Kirchenstreit.
1. Zwei große Kirchenversammlungen hatten nicht vermocht, das
Verderben, das in die Kirche gedrungen war, zu beseitigen. Erst
nach vielen Kämpfen gelang es, die Kirche an Haupt und Gliedern
zu bessern; dabei ist leider die Einheit derselben verloren gegangen.
In diesem Streite tritt ein Mann hervor, mit dessen Namen die Ge-
schichte jener Zeit aufs engste verknüpft ist: Doktor Martin Luther.
on wurde am 10. November 1483 zu Eisleben geboren und war eines
Bergmanns Sohn. Seine E ltern waren arme Leute und mußten sich's
blutsauer werden lassen. Sie hielten ihre Kinder steng und früh zur
Arbeit. Luther erzählt selbst von seiner Jugend: „Mein Vater stäupte
mich einmal so sehr, daß ich ihn sloh und ihm gram ward, und es
waͤhrte lange, bis er mich wieder zu sich gewoͤhnte. Die Mutter
stäupte mich einmal um einer geringen Nuß willen, daß das Blut
danach floß. Aber fie meinten es doch herzlich gut“ Wie das Eltern-
haus, so hielt auch die Schule strenge Zucht. Luther ist da einmal
an einem Vormittage fünfzehnmal hintereinander gestrichen worden.
Damit er weiter käme, schickten die Eltern ihn nach Mat 9deburg, später
hach Eisenach in die Schule, wo er lich. wie die meisten Schüler der
damaligen Zeit, das Brot vor den Thüren ersingen mußte. Mit dem
achtzehnten Jahre zog Suther auf die Universität Erfurt, weil der
Vater wünschte, daß er ein Rechtsgelehrter werden sollte; aber er ver-
ließ die Universität und trat als Mönch in das Angnustinerkloster zu
Erfurt. Nachdem er drei Jahre dort gewesen, wurde er durch den
Kurfürsten von Sachsen zum Lehrer an der nen errichteten Universität
Wittenberg und zum Prediger an der Schloßtirche daselbst berufen.
2. Luther lehrte vornehmlich nach der Bibel. Dadurch kam er mit
dem Mönche Tetzel, der in derselben Gegend Ablaßbriefe verkaufte, i
Feindschaft, und es entstand ein Streit, der bald die ganze Gegend un
Wittenberg erfüllte. Um allen M lenschen klar zu machen, welches seine
Meinung in kirchlichen Dingen sei, schrieb Luther 95 Sätze und schlug
sie nach der Sitte der damaligen Zeit am 31.Oklober 1517 an die Schloß-