Full text: Deutsche Geschichte für Schule und Haus nach den Forderungen der Gegenwart für das Königreich Bayern.

VII. Die Zeit der Fürstenmacht. 77 
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2. Im allgemeinen war es von jeher bei den Bauern Sitte, daß 
bei der Erbschaft der Hof nicht geteilt wurde, sondern als Vollhof 
auf den älteften oder jüngsten Sohn überging. Wo es später doch 
geschehen ist, da ist die Klasse der Halb-, Viertel= und Achtelmeier ent- 
standen. Als durch die Zunahme der Städte und die Schrecken des 
Krieges sich die ländliche Bevölkerung immer mehr lichtete und durch 
ausgegangene Dörfer die Hufen vielfach gröster geworden waren, da 
wurde Neuhinzukommenden gerne auf der Gemeinheit eine Baustelle 
angewiesen und ihnen gestattet, sich von den Besitzern der ganzen 
oder halben Hufen ekwas Land zu kaufen und die Gemeinheit mit zu 
benutzen. Das sind die sogenannten Kötner oder Kossäten. Manche 
von diesen find mit der Zeit wohlhabender geworden als die alten 
Vollmeier. In neuester Zeit sind noch die Anbauer und Abbauer 
dazu gekommen, die meistens kein Land, sondern nur ein Haus mit 
Garten besitzen, wozu sie den Boden von einem Eigentümer oder der 
Gemeinde erhalten haben. Die Anbauer und Abbauer helfen die 
Zahl der ländlichen Arbeiter, die jetzt nur noch aus den Häuskingen 
und dem Gefinde besteht, vermehren. 
77. Die Haupt- und Landstädte. 
1. Den Landesfürsten blieb es vorbehalten, neues Leben in die 
durch den dreißigjährigen Krieg zerstörten Städte ihres Gebietes zu 
bringen. Die ständigen Wohnsitze der Fürsten wurden die Hauptstädte 
des Landes; sie zeichneten sich durch Schönheit und Reichtum aus. 
Adelige und alle, die dem Fürsten nahe sein wollten, bauten sich hier 
an. Die Straßen wurden gepflastert, regelmäßig gereinigt und bei 
Nacht erleuchtet, öffentliche Brunnen und Baumgärten wurden angelegt 
und die Häuser nicht mehr mit Stroh, sondern mit Ziegeln oder 
Schiefer gedeckt und inwendig mit feuerfesten Schornsteinen versehen. 
Andere Städte des Landes wollten es den Residenzen gleichthun, so 
daß auch dort größere Reinlichkeit und Schönheit Eingang fanden. 
Die Mauern und Türme, im Kriege meistenteils zerschossen, wurden 
abgetragen und die Wälle dem Erdboden gleich gemacht. — Städte 
hingegen, die vorwiegend auf Ackerbau angewiesen blieben, erholten 
sich nicht wieder, wurden schließlich den Dörfern gleich geachtet und 
gewöhnlich Land= und Ackerstädte genannt. 
2 Jeder Fürst richtete in der Residenz als höchstes Gericht seines 
Landes ein Hof= oder Oberappellationsgericht ein. Unter diese stellte 
er in den größern Städten Landes= oder Justizkanzleien und in den 
kleinern Städten und Flecken Amtsgerichte, damit die Gerichtsordnung 
einen einheitlichen Gang im Lande nehme. Zu diesem Zwecke ließen 
die Fürsten Gesetzessammlungen anlegen. Seit jener Zeit sind überall 
in Deutschland geschriedene Gesetze im Gebrauch.
	        
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