VII. Die Zeit der Fürstenmacht. 81
2. Jedem Beamten war seine Pflicht aufs schärfste vorgeschrieben,
und wer fie verletzte oder einem Unterthanen Unrecht that, der wurde
ohne Gnade abgesetzt. Friedrich Wilhelm I. war ein Muster von
Einfachheit und Mäßigkeit und seinem Volke ein Vorbild der Frömmig-
keit. Seine Regierung hat dem Lande viel Segen gebracht und ist
auch andern Fürsten zum Vorbilde geworden. Die strenge Zucht und
Zuverlässigkeit der preußischen Beamten steht seit Friedrich Wilhelms I.
Zeit überall in hohem Ansehen.
82. Die Aufänge der weltlichen Volksschule.
1. Seit gedruckte Bücher, Schriften und Zeitungen, aus denen
allerlei Rützliches und Neues bequem und billig zu erfahren war, unter
das Volk kamen, mehrte sich auch die Zahl derer, die gedruckte Schrift
zu lefen wünschten. Daneben machte sich das Bedürfnis geltend, ge-
schriebene Schrift zu verstehen; denn jeder, der in der Ferne Ver—-
wandte und Bekannte hatte, mochte gern Briefe lesen und auch welche
schreiben können. Nicht minder wuchs das Verlangen, rechnen zu
können, seitdem bei Handelsgeschäften das bare Geld eine größere
Rolle spielte. Die Kirchdörfer suchten deshalb Küster zu bekommen,
die dieser Künste mächtig waren; abgedankte Unteroffiziere, verdorbene
Studenten und zurückgekommene Handwerker, die etwas lesen, schreiben
und rechnen konnten, wurden gerne dazu genommen: denn viel kosten
sollte diese Sache nicht. Nach Handwerks Weise wurden diese Lehrer
als Meister bezeichnet. — In den Dörfern, die keine Kirche hatten,
wurde die Schule zu Ostern geschlossen. Nach Michaelis konnte der
Unterricht wieder beginnen; aber genau wurde es damit nicht ge-
nommen. "
2. Das Schulhaus war meistens eine elende Hütte. Manche
Dörfer besaßen gar kein Schulhaus; da mußte der Unterricht ab-
wechselnd auf den Bauernhöfen erteilt werden. Noch ordnete kein
Gesetz den Schulbesuch; jeder Schüler konnte nach Belieben kommen
oder fortbleiben. War der Meister durch andere Arbeit verhindert,
so setzte er den Unterricht ohne weiteres aus oder ließ seine Frau
unterrichten. In der Schule wurde gedankenlos auswendig gelernt
und nachgemacht, was der Lehrer vorgemacht hatte. Harte, oft rausame
Strafen waren etwas Alltägliches und Selbstverständliches bem die
Leute meinten, ohne Schläge sei kein Lernen möglich.
3. In Bayern erschien im Jahre 1548 die erste Schulordnung;
nicht nur in den Städten und Märkten, sondern auch auf dem Lande
beftanden allenthalben Volksschulen. Der Lehrer war oft auch Meßner.
In Preußen widmete Friedrich Wilhelm I. der Schule seine be-
sondere Fürsorge. Er verordnete: „Wo Schulen sind, sollen die
Eltern künftig bei nachdrücklicher Strafe gehalten sein, ihre Kinder
gegen zwei Dreier wöchentliches Schulgeld im Winter täglich und im
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