Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

2. Abschn. Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate. (88 12, 13.) 91 
setzesvorlage dar. Er erfülle den oft vom Reichstag ausgesprochenen 
Wunsch, die Wiederaufnahme der uns verloren gegangenen Glieder 
unseres Volkes nach Möglichkeit zu erleichtern. Die Schwierigkeiten, die 
sich einer solchen Wiederaufnahme unter dem bisherigen Gesetz entgegen— 
stellten, beruhten darauf, daß der Wiedererwerb der Reichsangehörigkeit 
grundsätzlich die Verlegung des Wohnsitzes in das Inland zur Voraus- 
setzung habe. Diese Voraussetzungen hätten viele unserer im Ausland 
lebenden früheren Staatsangehörigen nicht erfüllen können. Denn im 
Gegensatze zu den Angehörigen anderer Staaten pflegten die Deutschen, 
die sich im Ausland eine Existenz gegründet hätten, nicht mehr dauernd 
in die Heimat zurückzukehren. Nur dann sei nach dem bisherigen Rechte 
eine Wiederverleihung der Reichsangehörigkeit ohne Niederlassung im 
Inland möglich, wenn der Wiederaufzunehmende die Reichsangehörigkeit 
durch zehnjährigen Aufenthalt im Ausland verloren und keine fremde 
Staatsangehörigkeit erworben habe. 
Der Entwurf gehe über diese Bestimmung in dreifacher Richtung 
hinaus. Einmal sehe er die Möglichkeit der Wiederaufnahme in den 
Reichsverband ohne Begründung einer inländischen Niederlassung nicht 
nur für ehemalige Deutsche vor, sondern auch für Abkömmlinge von 
ehemaligen Deutschen. Sodann bestehe diese Möglichkeit ohne Rücksicht 
auf den Grund, aus dem der Wiederaufzunehmende oder sein Vorfahr 
die Reichsangehörigkeit verloren habe. Endlich beschränke sich diese 
Möglichkeit nicht auf staatlose Personen, sondern sei auch für solche frühere 
Deutsche oder Abkömmlinge von früheren Deutschen gegeben, die eine 
fremde Staatsangehörigkeit erworben hätten. 
Von dieser Erweiterung der Wiederaufnahmemöglichkeit werde die 
Regierung auf das Entgegenkommendste überall da Gebrauch machen, 
wo es sich um Personen handle, die für das Deutschtum im Ausland 
von Nutzen seien. Hierunter fielen zunächst die Vertreter des Handels- 
standes. Unsere wirtschaftlichen Beziehungen zum Ausland, unsere Aus- 
fuhr, unsere Seeschiffahrt stützten sich sehr wesentlich auf unsere Kauf- 
leute im Ausland; nicht wenige deutsche Familien seien schon durch 
mehrere Generationen hindurch in diesem Sinne tätig und ständen so 
in engster Verbindung mit unserem deutschen Wirtschaftsleben. 
Sodann hätte die Regierung die deutschen Gemeinden in Palästina 
im Auge, die zum Teil schon seit vier oder fünf Generationen dort 
ansässig seien, die sich stets als gute Deutsche gefühlt und deren Söhne 
nicht selten sich zum Dienste im deutschen Heere gemeldet hätten. 
Weiter würden für die Wiederaufnahme unsere Missionare in Be-
	        
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