108 B. Erläuterungen z. Reichs- u. Staatsangehörigkeitsgesetz.
ausgefertigte Aufnahme-, Einbürgerungs- oder Anstellungsurkunde aus—
gehändigt ist, so hat er die Staatsangehörigkeit erworben, auch wenn
die sachlichen Voraussetzungen des Gesetzes hierfür nicht gegeben waren
und wenn er selbst einen Irrtum der Behörden hierüber verschuldet
hatte. Dies gilt selbstverständlich nicht in Fällen, in denen der wesent—
liche Inhalt der Urkunde den Tatsachen nicht entspricht, z. B. wenn der
Gesuchsteller die Einbürgerung unter falschem Namen erlangt hat, wenn
die in der Urkunde benannten Familienangehörigen nicht seine Ehefrau
und seine ehelichen Kinder sind u. dgl. In solchen Fällen sind die
Empfänger der Urkunde nicht die eingebürgerten Personen; die Urkunde
ist nicht dem in ihr bezeichneten Empfänger zugestellt (vgl. über die
bestrittene Rechtsfrage Seydel-Piloty S. 146 Anm. 28 und die dort
angeführten Schriftsteller und Entscheidungen).
4. Der Augenblick der Aushändigung bildet den Zeitpunkt, in dem
die Aufnahme oder Einbürgerung wirksam wird. Der Tag der Aus-
fertigung oder Absendung der Urkunde oder der Zusicherung der Ein—
bürgerung ist belanglos. Aushändigung ist die Übergabe der Urkunde
durch die zuständige Behörde oder ihren Beauftragten (Unterbehörde,
Beamten, Boten, Post) an den Empfangsberechtigten. Erlangt der
Gesuchsteller die Urkunde gegen den Willen und ohne Wissen der Behörde
durch Zufall oder widerrechtlich, so hat keine Aushändigung statt-
gefunden. Empfangsberechtigt ist die Person, die nach dem Gesetze das
Gesuch um Aufnahme oder Einbürgerung zu stellen hatte, somit der
handlungsfähige Gesuchsteller für sich, seine Ehefrau und die kraft elter-
licher Gewalt von ihm vertretenen Kinder, dann die Ehefrau im Falle
des §7 Abs. 2 Satz 1, der Vormund für den noch nicht sechzehnjährigen
und den entmündigten volljährigen Mündel.
5. Höhere Verwaltungsbehörde ist in Preußen der Regierungs-
präsident, in Berlin der Polizeipräsident, in Bayern die Regierung,
Kammer des Innern, in Sachsen die Kreishauptmannschaft, in Württem-
berg die Kreisregierung, in Baden das Bezirksamt, in Hessen das
Kreisamt.
6. Die Muster für die Aufnahme= und Einbürgerungsurkunden
hat der Bundesrat mit Bekanntmachung vom 29. November 1913
(. unten S. 216 und 217) veröffentlicht. Das Aufbrauchen der früheren
Formblätter ist vom Bundesrat den Landesregierungen freigestellt und
in verschiedenen Bundesstaaten gestattet worden. (Bayer. VV. Nr. 52.)
7. Nach der Begründung des Reg.-Entw. ist in Fällen, in denen
über die Anstellung und die Bestätigung verschiedene Urkunden aus-