Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

136 B. Erläuterungen z. Reichs= u. Staatsangehörigkeitsgesetz. 
nachzusuchen, ohne daß er dadurch sein Deutschtum aufgebe. Es sei hier 
insbesondere daran zu denken, daß die Gesetzgebung mancher Staaten, 
z. B. auch Rußlands, Ausländern den Erwerb und Besitz von inländi- 
schen Grundstücken untersage. Erbe nun etwa ein Deutscher in einem 
solchen Staate liegendes Besitztum, so könne unter Umständen der Wohl- 
stand oder selbst die materielle Existenz seiner Familie davon abhängen, 
daß er nicht zur Veräußerung des Besitztums gezwungen werde. Denn 
der Veräußerungszwang sei ja natürlich in solchem Falle den Kauf- 
interessenten bekannt und so würden sie mit Angeboten zurückhalten, 
bis der Eigentümer genötigt sei, sich seines Eigentums zu einem Schleuder- 
preise zu begeben. In solchen Fällen sei es ein Gebot der Billigkeit, 
dem deutschen Erben die Beibehaltung der Reichsangehörigkeit zu ge- 
statten. Selbstverständlich werde dies nur dann geschehen, wenn Ver- 
wicklungen nicht zu befürchten seien. Überdies gewähre der Abs. 3 die 
Möglichkeit, allgemein zu bestimmen, daß der Erwerb der Staatsange- 
hörigkeit bestimmter Staaten mit der Reichsangehörigkeit unvereinbar 
sei. In erster Linie werde dies hinsichtlich solcher Staaten vorzuschreiben 
sein, die von dem Aufzunehmenden verlangten, daß er seine Treu- 
verpflichtung gegenüber seinem bisherigen Heimatstaat abschwöre. Ferner 
werde hierbei wie bei der Prüfung von einzelnen Anträgen auch auf 
die Wehrpflichtverhältnisse Rücksicht zu nehmen sein."“ 
9. Ein stillschweigender Vorbehalt der deutschen Staatsangehörigkeit 
ist in den Fällen des § 25 nicht zugelassen. Der Antrag muß so recht- 
zeitig gestellt werden, daß er von der deutschen Behörde verbeschieden 
sein kann, bevor die ausländische Staatsangehörigkeit erworben ist. Nach 
dem Erwerb kann der Vorbehalt nicht mehr genehmigt werden. In 
letzterem Falle bleibt nur die Möglichkeit der Wiedereinbürgerung nach 
§ 13 des R. u. Stes. 
10. Gründe für die Genehmigung zur Beibehaltung der Staats- 
angehörigkeit sind in Anm. 8 (Rußland) erwähnt. Gelegentlich der 
Reichstagsverhandlungen wurde ferner daran erinnert, daß in England 
die Zulassung zur Börse für einen deutschen Kaufmann nur möglich 
sei, wenn er zugleich die englische Staatsangehörigkeit besitze. Auch sei 
es in den Ländern des lateinischen Südamerika für einen Deutschen, 
der nicht gleichzeitig die Staatsangehörigkeit des Aufenthaltslandes be- 
sitze, nicht ganz leicht, den Wettbewerb mit denen aufzunehmen, welche 
die fremde Staatsangehörigkeit erworben haben. 
11. Zuständige Behörde sind in Preußen die Regierungspräsidenten 
und der Polizeipräsident in Berlin, in Bayern das Staatsministerium
	        
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