Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

Einleitung. 25 
Bestimmung beachtet nicht, daß die Aufnahme in einen Bundesstaat 
auch gleichzeitig das Recht gibt, die Aufnahme in jedem anderen 
Bundesstaat nachzusuchen. Es erscheint danach recht und billig und 
absolut vereinbar mit den von mir eben stizzierten grundsätzlichen 
Anschauungen des geltenden Rechts, wenn für den Fall, daß ein 
Bundesstaat einen Ausländer aufnimmt, man auch den übrigen 
Bundesstaaten die Möglichkeit gibt, zu prüfen, welche Konsequenz 
diese Aufnahme für sie selbst haben wird. Die diesbezügliche Be— 
stimmung finden Sie in dem letzten Absatz des § 7 des vorliegenden 
Entwurfs. 
Neu ist in den Bestimmungen über den Erwerb der Staats- 
angehörigkeit ferner die Vorschrift, daß Witwen und geschiedene 
Ehefrauen von Ansländern, die Deutsche waren, die Aufnahme in 
den Bundesstaat, dem sie früher angehört haben, verlangen können, 
sofern sie sich im Inlande niedergelassen haben. 
Neu ist ferner die in derselben Richtung wirkende Bestimmung, 
daß auch ehemalige Deutsche in einem Bundesstaate, dem sie früher 
angehört haben, die Aufnahme erlangen können, ohne eine Nieder- 
lassung im Inlande zu nehmen. Es handelt sich in diesen beiden 
Fällen um Vorschriften, die darauf berechnet sind, den Klagen ab- 
zuhelfen, die darüber erhoben werden, daß die Wiedererlangung 
der Staaatsangehörigkeit für ehemalige Deutsche durch das geltende 
Recht ungebührlich erschwert werde. 
Wesentliche Abänderungen haben, wie ich vorhin schon sagte, 
dagegen die Bestimmungen erfahren, die den Verlust der Staats- 
angehörigkeit regeln, und hier handelt es sich in erster Linie um 
eine Beseitigung des § 21 des geltenden Gesetzes. Dieser Para- 
graph stammt aus einer anderen Zeit, er ist geboren aus anderen 
Bedürfnissen, als wir sie heute haben. Ende der sechziger Jahre 
schon war die sehr erhebliche Auswanderung, die allenthalben zu 
beklagen war, für die Bundesstaaten ein schwer empfundenes, aber 
auch schwer abzuwendendes übel. Es waren nicht die schlechtesten 
Köpfe und keineswegs immer unfleißige Hände, die in großer An- 
zahl dem Vaterlande durch Auswanderung entzogen wurden; aber 
sie verließen im großen und ganzen ihr Vaterland mit der Absicht, 
nicht wiederzukehren, sei es, daß sie glaubten, jenseits des Meeres 
günstigere Arbeitsbedingungen finden zu können als in dem wirt- 
schaftlich und politisch ungeeinten und unentwickelten alten Vater- 
lande, sei es, daß sie davon durchdrungen waren, daß die weite
	        
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