Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

28 B. Erläuterungen z. Reichs= u. Staatsangehörigkeitsgesetz. 
Zugehörigkeit zu einem Staate zurückgehalten werden soll, dem an- 
zugehören er keine Veranlassung zu haben glaubt, dem anzugehören 
ihm unter Umständen Schwierigkeiten bereitet in seinen Beziehungen 
zu dem Lande, das er, sei es mit Recht, sei es mit Unrecht, glaubt 
den eigenen Vaterlande vorziehen zu sollen. Infolgedessen haben 
wir zwar in dem Entwurf den Verlust der Staatsangehörigkeit 
durch Zeitablauf beseitigt, wir halten es aber für geboten, daß die 
Staatsangehörigkeit verloren geht, wenn ihr Inhaber auf seinen 
Antrag die Angehörigkeit in einem anderen Staate erworben hat. 
Wir erkennen indes an, daß es Fälle gibt, in denen sehr wohl der 
einzelne Staatsbürger, der in das Ausland geht, ein Interesse 
daran hat, neben der alten Staatsangehörigkeit eine neue zu er- 
werben, und daß er in ihrem Besitz auch die Interessen des alten 
Vaterlandes wirksam vertreten kann. Dementsprechend ist in dem 
Entwurf die Bestimmung aufgenommen, daß diejenigen, welche auf 
ihren Antrag die Zugehörigkeit eines auswärtigen Staates erwerben 
und dies vorher angezeigt und die Ermächtigung ihrer Heimats- 
behörden dazu erhalten haben, die Staatsangehörigkeit nicht ver- 
lieren sollen. 
Dann ist noch ein zweites Moment, das unseres Erachtens 
notwendigerweise eine Einschränkung des Grundsatzes „Semel 
Germanus, semper Germanus“ bedingt: das ist die Erfüllung 
der Militärpflicht. Meine Herren, die Waffen zum Schutze des 
Vaterlandes zu tragen, gehört zu den vornehmsten Ehrenpflichten 
des Deutschen. Die Erfüllung dieser Pflicht bedeutet aber für 
die meisten auch eine schwere wirtschaftliche Last, und wir sind der 
Meinung, daß derzjenige nicht berechtigt ist, die Vorteile der Zu- 
gehörigkeit zum deutschen Vaterlande, den Schutz der deutschen Re- 
gierung für sich in Anspruch zu nehmen, der nicht selbst die Bereit- 
willigkeit bekundet hat, im Notfalle zum Schutze dieses seines Vater- 
landes die Waffe zu tragen. Daraus ergeben sich die Bestimmungen 
des Entwurfs, die dahin gehen, daß diejenigen Deutschen die Staats- 
angehörigkeit verlieren sollen, die nicht bis zu einem gewissen Termin 
— es ist das vollendete 31. Lebensjahr — entweder ihrer Dienst- 
pflicht genügt oder doch eine Regelung dieser Dienstpflicht herbei- 
geführt und damit die Absicht bekundet haben, die Verpflichtungen 
zu erfüllen, die jedem Deutschen auf Grund der in der Heimat 
geltenden Gesetze obliegen. Wir sind aber in der Erwägung, daß 
es dem Auslandsdeutschen nicht immer leicht sein wird, diese Ver-
	        
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