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wenig trifft die Behauptung zu, daß der deutsche Befehlshaber die Räumung
der Stadt als nahe bevorstehend angekündigt habe. (W.T. B.)
Antivari von den Oesterreichern bombardiert.
Mailand, 21. September. Dem „GEiornale d Italia“ zufolge hat
ein österreichisch-ungarisches Geschwader, bestehend aus sechs Torpedo-
booten und einem Kreuzer, die Station für drahtlose Telegraphie in Anti-
vari beschossen und schwimmende Minen gelegt. Die österreichisch-ungarische
Botschaft erklärt entschieden die Gerüchte, wonach die Monarchie im
Triestinischen gegen Italien rüste, für falsch. (D. Courier 231, 12. Sept.)
Ein ehrendes Zeugnis für die vortreffliche Disziplin unserer Truppen
und das menschenfreundliche, entgegenkommende Verhalten ihrer Führer
zu den Einwohnern des feindlichen Landes ist die nachstehende Zuschrift
des Magistrats von Florenville an den deutschen Ortskommandanten:
Florenville, den 12. September 1914.
Herr Kommandant!
Vor Ihrer Abreise haben wir Wert darauf gelegt, sowohl in
unserem eigenen Namen, wie auch im Namen der ganzen Bevölkerung,
Ihnen den Ausdruck unserer lebhaftesten Erkenntlichkeit für den Schutz
vorzutragen, den Sie uns während dieser, für uns so schweren Tage
gewährt haben.
Die Liebenswürdigkeit Ihres Charakters, die Höflichkeit, die Sie
in Ihren Beziehungen zu jedermann von uns bewiesen haben, haben
uns fast vergessen lassen, daß wir unter fremder Herrschaft waren.
Wir hegen die Hoffnung, daß Ihr Amtsnachfolger in gleichen
Bahnen wandeln wird.
Unsererseits, Herr Kommandant, versichern wir Ihnen, daß aus
freien Stücken kein unfreundlicher Akt gegen Ihre Regierung und
deren Truppen hier begangen werden wird.
Der Stadtsekretär.
gez. Jacob. gez. A. Bradfer.
Der Rat für den Bürgermeister.
gez. Simeon. gez. Eugen Bradfer. gez. Joannes.
Man sieht aus diesem Beispiel wieder einmal, was von den aus-
ländischen Behauptungen über die Grausamkeit unserer Kriegführung
zu halten ist. (Germania, 21. September Nr. 432.)
Der deutsche Sturmangriff an der Aisne.
Bericht eines franzöfischen Offiziers.
Kopenhagen, 21. September. Das Reuter-Bureau berichtet
aus Paris: Ein französischer Hauptmann, der in den Kämpfen an der
Aisne verwundet und in ein Lazarett in Paris gebracht wurde, erzählt
über diese Kämpfe: „In der Nacht vom 15. auf den 16. September
machten die Deutschen furchtbare Anstrengungen, namentlich auf unserem
linken Flügel, und die französischen und englischen Truppen mußten ihren
äußersten Mut und alle Kräfte zusammennehmen, um dem schrecklichen
Sturmangriff der Deutschen zu begegnen. Zehnmal wurden die Deutschen
zurückgeschlagen und immer wieder erneuerten sie ihren Angriff, um
unsere Reihen zu durchbrechen. Der Kampf, der bis Tagesgrauen