Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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günstigung großserbischer Aspirationen auch in Teilen der Oesterreichisch- 
Ungarischen Monarchie diese selbst in ihrer Existenz gefährdet und Zu- 
stände geschaffen hat, die schließlich in der frevelhaften Tat von Serajewo 
ihren Ausdruck gefunden haben. Wenn Rußland in diesem Konflikte für 
Serbien eintreten zu müssen glaubt, so ist das an sich gewiß ein gutes 
Recht. Es muß sich aber darüber klar sein, daß es damit die serbischen 
Bestrebungen auf Unterhöhlung der Existenzbedingungen der Oesterrei- 
chisch-Ungarischen Monarchie zu den seinigen gemacht, und daß es allein 
die Verantwortung dafür trägt, wenn aus dem österreichisch-serbischen 
Handel, den alle übrigen Großmächte zu lokalisieren wünschen, ein euro- 
päischer Krieg entsteht. Diese Verantwortung Rußlands liegt klar zutage 
und wiegt um so schwerer, als Graf Berchtold Rußland offiziell erklärt 
hat, es beabsichtige weder serbische Gebietsteile zu erwerben noch den Be- 
stand des serbischen Königreichs anzutasten, sondern wolle lediglich Ruhe 
vor den seine Existenz gefährdenden serbischen Umtrieben haben. 
Die Haltung der Kaiserlichen Regierung in dieser Frage ist deutlich 
vorgezeichnet. Die von den Panflawisten gegen Oesterreich-Ungarn be- 
triebene Agitation erstrebt in ihrem Endziel, mittels der Zertrümme- 
rung der Donaumenarchie die Sprengung oder Schwächung des Drei- 
bundes und in ihrer Folgewirkung eine völlige Isolierung des Deutschen 
Reiches. Unser eigenstes Interesse ruft uns demnach an die Seite Oester- 
reich-Ungarns. Die Pflicht, Europa wenn irgend möglich vor einem all- 
gemeinen Kriege zu bewahren, weist uns gleichzeitig darauf hin, die- 
jenigen Bestrebungen zu unterstützen, die auf die Lokalisierung des Kon- 
flikts hinzielen, getreu den Richtlinien derjenigen Politik, die wir seit 
nunmehr 44 Jahren im Interesse der Aufrechterhaltung des europäischen 
Friedens mit Erfolg durchgeführt haben. Sollte indes wider Erhoffen 
durch ein Eingreifen Rußlands der Brandherd eine Erweiterung er- 
fahren, so würden wir getreu unserer Bundespflicht mit der ganzen Macht 
des Reichs die Nachbarmonarchie zu unterstützen haben. Nur gezwungen 
werden wir zum Schwerte greifen, dann aber in dem ruhigen Bewußt- 
sein, daß wir an dem Unheil keine Schuld tragen, das ein Krieg über 
Europas Völker bringen müßte. 
  
Anlage 3. 
Telegramm des Kaiserlichen Botschafters in Wien am den Reichskanzler 
vom 24. Juli 1914. 
Graf Berchtold hat heute den Russischen Geschäftsträger zu sich ge- 
beten, um ihm eingehend und freundschaftlich den Standpunkt Oester- 
reich-Ungarns Serbien gegenüber auseinanderzusetzen. Nach Rekapitu- 
lierung der historischen Entwicklung der letzten Jahre betonte er, daß die 
Monarchie nicht daran denke, Serbien gegenüber erobernd aufzutreten. 
Oesterreich-Ungarn werde kein serbisches Territorium beanspruchen. Es 
halte strikt daran fest, daß der Schritt nur eine definitive Maßregel gegen- 
über den serbischen Wühlereien zum Ziele habe. Notgedrungen müsse 
Oesterreich-Ungarn Garantien für ein weiteres freundschaftliches Ver- 
halten Serbiens der Monarchie gegenüber verlangen. Es liege ihm fern, 
eine Verschiebung der Machtverhältnisse im Balkan herbeiführen zu 
wollen. Der Geschäftsträger, der noch keine Weisungen aus Petersburg
	        
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