Full text: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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land zwingen, sich gegen einen Einfall einer französischen Armee durch 
Betreten belgischen Bodens zu sichern. 
Kurz nach sieben Uhr erschien der großbritannische Botschafter im 
lsmärtigen Amt, um den Krieg zu erklären und seine Pässe zu 
ordern. 
Wie wir hören, hat die deutsche Regierung die Rücksicht auf die 
militärischen Erfordernisse allen andern Bedenken vorangestellt, obgleich 
damit gerechnet werden mußte, daß dadurch für die englische Regierung 
Grund oder Vorwand zur Einmischung gegeben sein würde. 
Ein neuer deutscher Erfolg gegen die Russen. 
Königsberg, 4. August. Deutsche Truppen haben Kibarty gestürmt. 
Die Russen gingen unter Zurücklassung von Gefangenen nach Osten 
zurück. Eigene Verluste gering. 
Sperrung russischer Guthaben. 
Bei den hiesigen Großbanken sind die dem russischen Staat zu- 
stehenden Guthaben als Eigentum einer feindlichen Macht mit Beschlag 
belegt worden. « 
Sir Edward Grey über die Haltung Englands. 
London, 4. August. In der gestrigen Sitzung des Unterhauses gab 
Sir Edward Grey folgende Erklärung ab: 
Es ist jetzt klar, daß der Friede Europas nicht gewahrt werden 
kann. Staatssekretär Sir Edward Grey forderte das Haus auf, die 
Frage des Friedensbruches vom Gesichtspunkte der britischen Interessen, 
Ehre und Verpflichtungen und frei von Leidenschaft ins Auge zu fassen. 
Wenn die Dokumente veröffentlicht wären, würde es sich zeigen, wie 
aufrichtig und mit vollem Herzen England bestrebt war, den Frieden 
zu bewahren. Betreffs der Frage der Verpflichtungen sagte Grey: Wir 
haben bis gestern nichts mehr als diplomatische Unterstützung versprochen. 
Er sei zur Zeit der Algeciraskonferenz gefragt worden, ob England be— 
waffnete Unterstützung geben würde. Er habe gesagt, er könne keiner 
fremden Macht etwas versprechen, was nicht von vollem Herzen die 
Unterstützung der öffentlichen Meinung erhielte. Er habe kein Ver— 
sprechen gegeben, aber sowohl dem französischen wie auch dem deutschen 
Botschafter erklärt, daß, wenn Frankreich der Krieg aufgezwungen 
würde, die öffentliche Meinung auf Frankreichs Seite treten würde. Er 
habe in den französischen Vorschlag auf eine Besprechung militärischer 
und seemännischer Sachverständigen Englands und Frankreichs einge— 
willigt, da England sonst nicht in der Lage sein würde, im Falle einer 
plötzlich eintretenden Krisis Frankreich Beistand zu gewähren, wenn es 
ihn gewähren wollte. Er habe seine Ermächtigung zu jenen Besprechun— 
gen gegeben, jedoch unter der ausdrücklichen Voraussetzung, daß nichts, 
was zwischen den militärischen und seemännischen Sachverständigen vor 
sich gehen würde, eine der beiden Regierungen binden oder ihre Beschluß— 
freiheit beschränken würde. Während der Marokkokrisis von 1911 habe 
seine Politik sich auf genau der gleichen Linie bewegt. Im Jahre 1912 sei 
beschlossen worden, daß England eine bestimmte schriftliche Verständigung 
haben solle, des Inhalts, daß jene Besprechungen die Freiheit der Regie- 
rung nicht bänden. Grey verlas den Brief, den er am 22. Dezember 1912
	        
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