Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

92 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. IV. Kapitel. 8 47. 
7. Als Zustellungs= und Vollstreckungsbeamter ist bei jedem Amtsgerichte mindestens 
ein Gerichtsvollzieher angestellt. Die Dienstverhältnisse dieser Beamten sind außer 
durch die allgemeinen Vorschriften durch die Gerichtsvollzieherordnung geregelt 7). 
8. Für die Verhältnisse der Rechtsanwaltschaft ist die deutsche Rechtsanwalts- 
ordnung vom 1. Juli 18782) maßgebend. Landesrechtlich sind nur ihre Gebühren in 
Verwaltungsrechtsstreitigkeiten, Verwaltungs= und Polizeisachen geregelt. 
9. Die Voraussetzungen für die Erlangung der Befähigung zum Richteramt, 
welche nach der Rechtsanwaltschaftsordnung auch für die Erlangung der Anwaltschaft 
nothwendig ist, bestimmt im Allgemeinen § 2 der Reichs-Gerichtsverfassung. Den einzelnen 
Bundesstaaten ist dabei vorbehalten worden, die mindestens drei Jahre betragende Dauer des 
Universitätsstudiums zu verlängern und vorzuschreiben, daß ein Theil des zwischen der 
ersten und zweiten Prüfung zu leistenden, wenigstens dreijährigen Vorbereitungsdienstes, 
jedoch höchstens ein Jahr, im Dienste bei Verwaltungsbehörden zuzubringen ist. 
In Baden sind seit langer Zeit die Voraussetzungen für die Befähigung zum höheren 
Dienste in der inneren Verwaltung die nämlichen wie für die Befähigung zum Richter- 
amte und zur Anwaltschaft, jetzt landesrechtlich auch zum Notariat. Daher ist unter 
Aufrechterhaltung früherer landesrechtlicher Bestimmungen von jenem Vorbehalte Gebrauch 
gemacht worden ö). 
Darnach muß „wer zu einem Staatsdienste in der Justiz= oder inneren Staats- 
verwaltung, zu dessen Bekleidung rechtswissenschaftliche Bildung erforderlich ist, zur Anwalt- 
schaft oder zum Notariat gelangen will, 
1. nach vollendeter Gymnasialbildung die Rechtswissenschaft auf einer Universität 
sieben Halbjahre studirt haben, wovon mindestens drei dem Studium auf einer deutschen 
Universität zu widmen find; 
2. hierauf eine erste Prüfung bestehen; 
3. nach Erstehung der ersten Prüfung der praktischen Vorbereitung zum öffentlichen 
Dienst in der Justiz und inneren Staatsverwaltung während drei Jahren sich widmen; 
4. endlich eine zweite Prüfung bestehen."“ 
Die zu hörenden Vorlesungen sind vorgeschrieben. 
Die erste Prüfung wird durch das Justizministerium unter Mitwirkung von Kom- 
missären des Ministeriums des Innern vorgenommen. Die Bestandenen werden als 
Rechtspraktikanten aufgenommen. 
Von dem alsbald zu beginnenden Vorbereitungsdienst sollen 
1. zwölf Monate bei Amtsgerichten, 
2. acht Monate bei dem Oberlandesgericht, den Landgerichten oder der Staats- 
anwaltschaft, 
3. zwölf Monate im Dienste bei staatlichen Behörden der inneren Verwaltung oder 
der vom Ministerium des Innern bezeichneten anderen Verwaltungsbehörden, 
4. vier Monate bei einem bei Kollegialgerichten zugelassenen Rechtsanwalt zu- 
gebracht werden. 
S. 289; Verord. v. 12. Aug. 1879, G. u. V. Bl. Nr. XIL, S. 609; ldh. Verord. v. 10. Juli 1878, 
G. u. V.Bl. Nr. XIII, S. 103, Dienstweisung für Gerichtsärzte v. 4. Jan. 1883, G.u.V. Bl. Nr. III, S. 33. 
1) V. 28. Nov. 1884, G.u. V. Bl. Nr. XLVI. S. 481, dazu Verord. v. 7. Jan. 1891, G. u. 
V. Bl. Nr. II. S. 34. Die Dienstweisung s. G. u. V. Bl. 1884, Nr. XLVI, S. 501; Aenderungen v. 
1886, Nr. XXVII, S. 283; 1887, Nr XVIII, S. 174; 1889, Nr. VI, S. 43. 
2) R.G. B. Nr. 23; S. 177. 
3) Ldh. Verord. v. 6. Mai 1868, Reg. Bl. Nr. XXXV, S. 529, mit späteren Aenderungen, 
in der jetzigen Fassung zusammengestellt G. u. V. Bl. 1894, Nr. II, S. 3. Ueber den Militärdienst der 
Rechtspraktikanten s. Bekanntm. v. 12. Febr. 1894, G. u. V. Bl. Nr. IV, S. 35.
	        
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