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§ 49. 2. Die innere Verwaltung insbesondere. Die derzeitige Organisation der
inneren Verwaltung im Großherzogthum Baden hängt auf's Engste zusammen mit der
Einführung einer besonderen Verwaltungsrechtspflege und beruht mit dieser auf dem Ge-
setze vom 5. Okt. 1863, die Organisation der inneren Verwaltung betr. ). Bis dahin
wurde die innere Verwaltung einschließlich der Entscheidung in Verwaltungsrechtssachen
unter der Oberleitung des Ministeriums des Innern besorgt durch die ausschließlich mit
Berufsbeamten besetzten Bezirksämter (Oberämter) und in der Mittelstufe durch vier Kreis-
regierungen, Kollegialbehörden, welche theils Berufungs-, theils — in wichtigen Dingen
— erste Instanz waren.
Die Grundgedanken, von welchen das angeführte Gesetz ausgegangen ist, sind folgende:
Die bestehende Einrichtung der Verwaltungsbehörden, insbesondere der Kreis= und Be-
zirksverwaltung, welche die Anwendung des öffentlichen Rechtes, die staatlichen Aufsichtsrechte,
die Pflege aller örtlichen und Bezirksinteressen wie die rein politische Thätigkeit ausschließlich
in der Hand von besoldeten Beamten und Kollegien zentralisire, sei veraltet. Die Aufgaben
der neueren Zeit wie die durch die langjährige Wirksamkeit einer freisinnigen Verfassung ge-
förderte politische Bildung des Volkes machten eine Aenderung im Organismus der Staats-
verwaltung, zumal in den Mittelgliedern zwischen Gemeindeverwaltung und Centralverwaltung,
nöthig. Auch für die Regierung selbst sei der Uebergang zu einem anderen System geboten.
Die Geschäfte der Staatsbehörden könnten wesentlich vereinfacht werden durch Ausscheidung von
gewissen gemeinsamen Angelegenheiten größerer Bezirke oder Kreise, und Uebertragung derselben
an selbständige Verbände. In den Geschäften aber, welche den Staatsbehörden noch verblieben,
würden diese das immer schwieriger zu erwerbende Vertrauen in die Redlichkeit und Unparteilich-
keit ihres Willens in Zukunft nur dann fest zu begründen vermögen, wenn durch die Betheiligung
des bürgerlichen Elementes bei dem Vollzug der Gesetze die Verantwortlichkeit getheilt und die
Einsicht in die Schwierigkeit der Aufgabe geweckt werde.
In der Thätigkeit der Staatsverwaltung im weiteren Sinne seien zwei Hauptmomente zu
unterscheiden: die eigentliche Verwaltung, vorzugsweise die Pflege der Interessen, d. h. die Sorge
für die unmittelbare Befriedigung gemeinsamer positiver Bedürfnisse des wirthschaftlichen und
Kulturlebens und den Vollzug der zu solchen Zwecken erlassenen Gesetze umfassend; und die eigent-
liche Regierung, in welcher sich die Machtvollkommenheit des Staates äußert, und welche einer-
seits zum Zwecke hat die Aufrechterhaltung der Staatsverfassung und die Sorge für die äußere
und innere Sicherheit des Staates (die rein politische Verwaltung) sowie die im Interesse der
Gesammtheit zu übende Aufsicht auf die Wirksamkeit der in den Staatsorganismus verflochte-
nen korporativen Verbände, anderseits die Entscheidung von Streitigkeiten, welche bei der An-
wendung des öffentlichen Rechtes entstehen, sowie den Vollzug der desfallsigen Erkenntnisse (die
administrative Justiz).
Von der Uebertragung an bürgerliche Elemente oder von der Betheiligung solcher seien
jedenfalls von vornherein auszuscheiden die Funktionen der rein politischen Verwaltung, ferner
die Verwaltung der den gesammten Staatsverband berührenden Interessen, Anstalten und Ein-
richtungen.
An den noch übrig bleibenden Geschäften lasse sich eine Betheiligung der Bürger bezw.
eine Uebertragung derselben an bürgerliche Organe nach zweierlei Richtungen denken:
Eines Theils könne die nächste Sorge für die Befriedigung einer Reihe von öffentlichen
Interessen und Bedürfnissen, für die Einrichtung und Leitung der desfallsigen Anstalten und
für die Aufbringung der hierzu erforderlichen Mittel — insoferne jene Interessen und Bedürf-
nisse in erster Linie ihre Entstehung und ihren Boden in größeren oder kleineren Abtheilungen
des Staatsgebietes oder in gewissen Kreisen der Gesammtbevölkerung finden oder zweckmäßiger
dorthin überwiesen werden — der eigenen Besorgung durch die dabei betheiligten Bürger über-
lassen werden, wobei der Staat sich darauf beschränkt, die im Interesse der Staatsgesammtheit
nothwendige Aufsicht zu führen und allenfalls noch durch seine Organe und Gesetzgebung an-
regend und fördernd einzuwirken. Für diese Selbstverwaltung im engeren Sinne, für die ört-
1) Reg. Bl. 1863, Nr. XLIV, S. 99, mit einzelnen späteren Aenderungen; ldh. Vollz. Verord.
v. 12. Juli 1864, Reg. Bl. Nr. XXXI, S. 333; ldh. Verord. v. 31. Aug. 1884, das Verfahren in Ver-
saaecndsten cbetr, ain dn. Nr. XXXV, S. *7*m— Weizel a. a. O. — chte.
prechung 2c. 2c. Einleitung; ders. in Hartmann's Zeitschr. f. Gesetzgebung I, S. 369, u. Ztschr.
f. bad. Verw. XXII, S. 47 fl. "