Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

X Die innere Verwaltung insbesondere. 103 
Rekurse und Beschwerden gegen Verfügungen und Anordnungen der Bürgermeister 
und Gemeinderäthe sind an keine besonderen Fristen und Förmlichkeiten gebunden. Doch 
ist, wenn seit dem Vollzug der angeblich beschwerenden Anordnung schon länger als ein 
Jahr verflossen ist, die Staatsbehörde befugt, die nähere Prüfung der Beschwerde von der 
Hand zu weisen. 
Solche Beschwerden und Rekurse müssen immer bei der zunächst vorgesetzten Bezirks- 
stelle angezeigt und ausgeführt werden. 
Der Rekurs muß binnen vierzehn Tagen von der Zustellung der Entscheidung, bezw. 
von der protokollarischen Eröffnung der Verfügung an gerechnet angezeigt und durch An- 
gabe der einzelnen Beschwerdepunkte ausgeführt werden. 
Die Rekursfristen sind unerstrecklich. Die Versäumung derselben zieht den Verlust 
des Rekursrechtes nach sich. 
Die Einlegung des Rekurses hat aufschiebende Wirkung. Wegen besonders dringenden 
Umständen kann jedoch der Vollzug, falls hierdurch kein unwiederbringlicher Nachtheil für 
einen Betheiligten entsteht, auch bei rechtzeitig erfolgter Einlegung des Rekurses gestattet 
oder befohlen werden. Zu dieser Anordnung ist sowohl die entscheidende Behörde als die 
Rekursstelle befugt, welch' letztere indessen den Vollzug jederzeit wieder einstellen kann. 
Zum Vortheil des Rekurrenten kann die Rekursstelle die Entscheidung nur abändern, 
nachdem zuvor dem Gegner desselben Gelegenheit gegeben worden ist, sich schriftlich oder 
mündlich über den Inhalt der Rekursausführung zu erklären. 
Die Ministerien bilden in der Regel die letzte Instanz. Ausgenommen sind 
die Fälle: 
1. in welchen von einem Ministerium zuerst entschieden worden ist; 
2. in welchen es sich um Kränkung verfassungsmäßiger Gerechtsame handelt; 
3. für welche eine untergeordnete Behörde durch besondere Gesetze oder Verordnungen 
als letzte Instanz bezeichnet ist. 
In den beiden ersten Fällen kann die Beschwerde bis an das Staatsministerium ver- 
folgt werden. 
Die Rekurse gegen Entscheidungen und Verfügungen der Bezirksämter und Bezirks- 
räthe gehen vorbehaltlich der den Landeskommissären oder dem Verwaltungshof zur Er- 
ledigung zugewiesenen Beschwerden an das für den betreffenden Gegenstand zuständige 
Ministerium. 
In so weit den Landeskommissären ein selbständiges Verfügungsrecht für gewisse 
Verwaltungsgegenstände eingeräumt ist, entscheidet über die desfallsigen Rekurse das zu- 
ständige Ministerium. 
Will der Vorsitzende des Bezirksraths gegen einen Beschluß des Bezirksraths aus 
Gründen des öffentlichen Interesses den Rekurs ergreifen, so kann er die Verkündung des 
Beschlusses, jedoch höchstens vierzehn Tage, aussetzen. Die Verkündung erfolgt mit der 
Eröffnung, daß im öffentlichen Interesse Rekurs eingelegt sei und mit der Bezeichnung der 
Gründe, welche die Einlegung des Rekurses veranlaßten. 
Beschwerden gegen ertheilte Bewilligungen oder Genehmigungen sind — vorbehaltlich 
der folgenden Bestimmung — nur in den Fristen und Formen des Rekurses zulässig. 
Die Behörde, von welcher eine Verfügung oder Entscheidung erlassen ist, oder die 
ihr vorgesetzte höhere Behörde, kann solche abändern oder ganz aufheben: 
1. wenn durch die Verfügung oder Entscheidung nicht eine Partei einen gesetzmäßigen 
Anspruch bereits erworben hat — und in diesem Falle schon wegen geänderter oder ab- 
weichender Ansicht — oder 
2. wenn eine ertheilte Bewilligung oder Genehmigung erschlichen, im Widerspruch
	        
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