104 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. IV. Kapitel. 550.
mit einer Vorschrift des Gesetzes oder einer Verordnung, oder unzuständiger Weise ertheilt
wurde;
3. auf Antrag einer Partei, wenn durch spätere Verhandlungen das thatsächliche
Verhältniß in wesentlicher Beziehung sich abweichend gestaltet.
Ist die Verfügung schon Gegenstand einer höheren Entscheidung geworden, so steht
dieses Recht nur der höheren Behörde zu, welche zuletzt materiell entschieden hat.
Hiervon abgesehen ist es der vorgesetzten Behörde jederzeit unbenommen, solche
Weisungen, Anordnungen und Belehrungen zu erlassen, welche sich auf den Gegenstand der
Verfügung oder Entscheidung im Allgemeinen beziehen.
Zustellungen in Verwaltungssachen, welche schriftlich gegen Bescheinigung zu
geschehen haben, können nach Ermessen des Bezirksbeamten durch den Amtsdiener oder durch
die Post oder unter Vermittlung des Bürgermeisteramts durch den Ortediener erfolgen ?.
Die Zwangsvollstreckung in Verwaltungssachen geschieht durch die Verwal-
tungsbehörden selbst, in Forderungen und andere Vermögensrechte, sowie in das un-
bewegliche Vermögen auf ihr Ersuchen durch die Amtsgerichte. Näheres hierüber unten bei
der Darstellung des staatlichen Zwangsrechtes.
Die Organe der Staatsverwaltung, soweit diese nicht technischer Natur ist, zum
unmittelbaren örtlichen Vollzug sind in der Regel die Gemeindebehörden, in denen
somit die gesammte Verwaltungsthätigkeit, insofern sie sich auf einen Gemeindebezirk bezieht,
wieder ihre Vereinigung findet?).
§ 50. 3. Die Verwaltungsrechtspflege 3). Ueber die Einführung einer eigenen Ver-
waltungsrechtspflege, wodurch Baden den übrigen deutschen Staaten vorausgegangen ist,
in Verbindung mit der Neuorganisation der inneren Verwaltung s. o. § 49.
Seit 1863 hat die Gesetzgebung wiederholt Aenderungen an der Einrichtung der
Verwaltungsrechtspflege vorgenommen zu dem Zwecke, diese bewährte Einrichtung zu kräftigen
und weiter auszubilden. Insbesondere bezüglich der Zusammensetzung und rechtlichen
Stellung des Verwaltungsgerichtshofs hatte das Gesetz vom 5. Okt. 1863 nur wenige Be-
stimmungen. In dieser Beziehung ist seitdem die nähere Regelung durch Gesetz vom
24. Febr. 1880/) und durch das Beamtengesetz vom 24. Juli 1888 erfolgt.
Die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte war bereits in dem Verwaltungsgesetze
von 1863 nach bestimmten Gruppen von Verhältnissen des öffentlichen Rechtes abgegrenzt.
Außerdem hatte das Gesetz der Regierungsverordnung vorbehalten, die Bezirksräthe noch
für weitere Streitigkeiten des öffentlichen Rechts als zuständig zu erklären, und ebenso
der Staatsregierung die Befugniß gewährt, auch in anderen als den im Gesetze bezeichneten
Fällen streitige Fragen des öffentlichen Rechtes der Entscheidung des Verwaltungsgerichts-
hofes zu unterstellen. Einzelne der den Verwaltungsgerichten zugewiesenen Gruppen von
Streitigkeiten sind schon im Laufe des ersten Jahrzehnts durch Aenderungen in der bezüg-
lichen sachlichen Gesetzgebung weggefallen, andere seitdem durch Einzelgesetze neu hinzu-
gekommen. Hierzu gehört insbesondere für den Verwaltungsgerichtshof die Vorentscheidung
im Falle straf= oder civilrechtlicher Verfolgung eines Beamten.
Eine vollständige Neuordnung der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte, zugleich
eine Erweiterung derselben ist durch das Gesetz vom 14. Juni 1884, die Verwaltungs-
rechtspflege betr. ) bewirkt und seitdem diese Zuständigkeit durch eine Reihe weiterer sach-
licher Gesetze nicht unerheblich erweitert worden.
1) Verord. d. Min. d. Inn. v. 22. Sept. 1884, G. u. V. Bl. Nr. XXXV, S. 401.
2) Näheres s. Wielandt, badisches Gemeinderecht, I, 3. Aufl., bei G.O. 8§ 52 u. 53.
3) Siehe hierzu die in Anm. 1 zu § 49, S. 95 angef. Werke u. Abhandlungen.
4) G. u. V. Bl. Nr. VI, S. 29. 5) G. u. V.Bl. Nr. XXI, S. 197.