Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

861. Die Kompetenzkonflikte. 113 
Die Parteien können Angriffs= und Vertheidigungsmittel, welche in erster Instanz 
nicht geltend gemacht sind, insbesondere neue Thatsachen und Beweismittel vorbringen. 
Eine Abänderung der Klage ist ausgeschlossen?). 
Außerdem ist in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gegen Entscheidungen des Be- 
zirksrathes oder des Vorsitzenden des Bezirksrathes, vorzugsweise prozeßleitenden Inhaltes, 
das Rechtsmittel der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegeben, einzulegen binnen 
zwei Wochen?). « 
Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes steht dem Vertreter des Staats- 
interesses die Nichtigkeitsbeschwerde wegen Unzuständigkeit oder Gewaltsüberschreitung zu. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist binnen einer Nothfrist von zwei Wochen, von der 
Zustellung des Urtheils an gerechnet, bei dem Verwaltungsgerichtshof einzureichen, welcher 
die Akten dem Vorsitzenden des Kompetenzgerichtshofes übersendet und die Parteien hier- 
von unter Mittheilung von Abschriften der Nichtigkeitsklage benachrichtigt. 
Ueber die Nichtigkeitsbeschwerde entscheidet der Kompetenzgerichtshof ). 
Gegen rechtskräftige Endurtheile der Verwaltungsgerichte findet die Klage auf 
Wiederaufnahme des Verfahrens statt. 
Auf diese Klage finden die Bestimmungen der Civilprozeßordnung entsprechende 
Anwendung. 
Zuständig ist ausschließlich der Verwaltungsgerichtshof. Erachtet er die Klage für 
begründet, so wird unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Sache zur weiteren 
Verhandlung und Entscheidung im ordentlichen Verfahren verwiesen . 
7. Die Zwangsvollstreckung der Endurtheile findet nach Eintritt der Rechtskraft 
statt. Die Rechtskraft tritt vor Ablauf der für die Einlegung der Berufung bestimmten 
Frist nicht ein. · 
Die Zwangsvollstreckung findet auch statt aus den vor einem Verwaltungsgerichte 
geschlossenen Vergleichen sowie aus Entscheidungen, gegen welche das Rechtsmittel der Be- 
schwerde stattfindet. 
Sie liegt den Verwaltungsbehörden ob. Denselben bleibt vorbehalten, auch vor ein- 
getretener Rechtskraft durch das öffentliche Interesse gebotene, unverschiebliche, vorsorgliche 
Anordnungen im Verwaltungswege zu treffen. Ueber Einwendungen, welche den durch 
das Urtheil festgestellten Anspruch selbst betreffen oder darin bestehen, daß die Vollstreckung 
unzulässig sei oder der Vollzug nicht mit dem Inhalte des Urtheils übereinstimme, ent- 
scheidet das Verwaltungsgericht, welches in erster Instanz erkannt hat?). 
8. Für den Gebührenbezug der Anwälte in Verwaltungsrechtsstreitigkeiten, ebenso 
in Verwaltungssachen, ist die Verordnung vom 8. Okt. 1884 9) maßgebend. Sie hat diesen 
Bezug im Wesentlichen auf Grundlage des Bauschgebührensystems geregelt. Der Betrag 
der Gebühren und Auslagen ist auf Antrag der Partei oder des Rechtsanwaltes durch 
den Vorsitzenden des Bezirksrathes, für Streitigkeiten beim Verwaltungsgerichtshof durch 
diesen festzusetzen. 
Die Gerichtskosten richten sich nach dem Verwaltungsgebührengesetze vom 4. Juni 
1888. 
§ 51. VI. Die Kompetenzkonflikte. In Folge der Vertheilung der Staatsgeschäfte 
unter verschiedene Behörden (einschließlich der Gerichte) können im einzelnen Falle Zweifel 
darüber entstehen, welche derselben berufen ist, eine begehrte Entscheidung oder Verfügung 
zu erlassen. 
1) Das. 88 32—38. 2) Das. § 40. 
3) Das. § 42. 4) Das. § 43. 
5) Das. 8§ 44, 45. 6) G. u. U. Bl. Nr. XXXVII, S. 409. 
Handbuch des Oeffentlichen Rechts III. 2. Aufl. Baden. 8
	        
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