Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

114 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. IV. Kapitel. 861. 
Unterstehen die über ihre Zuständigkeit uneinigen Behörden sachlich (nicht blos dienst- 
polizeilich) einer gemeinsamen Oberbehörde, sind also bei der Meinungsverschiedenheit blos 
Gerichte, oder blos Verwaltungsgerichte, oder blos Verwaltungsbehörden betheiligt, so läßt 
sich der Zuständigkeitsstreit durch die, im Wege der Rechtsmittel zu erlangende, Ent- 
scheidung der gemeinsamen Oberbehörde lösen. Anders, wenn die Meinungsverschieden- 
heit besteht zwischen zwei Behörden, von denen jede einem anderen der eben genannten 
drei Thätigkeitsgebiete angehört. Hier können Konflikte über die Zuständigkeit — Kom- 
petenzkonflikte — entstehen, zu deren Lösung der Grundsatz des § 17 der R. Ger. V., „daß 
die Gerichte über die Zulässigkeit des Rechtsweges entscheiden“, nicht ausreicht, da die 
Verwaltung und die Verwaltungsgerichte ebenso gut wie die bürgerlichen und Strafgerichte 
den Anspruch erheben, selbst über die Grenzen ihrer Zuständigkeit zu entscheiden. 
Die badische Gesetzgebung hat daher von der in dem angeführten § 17 der Ger.V. 
der Landesgesetzgebung eingeräumten Befugniß zur Errichtung einer besonderen Behörde 
zur Entscheidung von Kompetenzkonflikten mit Gesetz vom 30. Jan. 1879 1) Gebrauch 
gemacht. 
Folgendes sind die wesentlichen Bestimmungen dieses Gesetzes. 
I. Kompetenzgerichtshof. Die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den 
bürgerlichen Gerichten und den Verwaltungsgerichten oder Verwaltungsbehörden über die 
Zulässigkeit des Rechtsweges (Kompetenzkonflikten) ist einer besonderen Behörde übertragen, 
welche den Titel „Kompetenzgerichtshof“ führt. 
Der Kompetenzgerichtshof besteht aus dreizehn Mitgliedern, von denen acht dem 
Oberlandesgerichte angehören müssen. Die anderen fünf Mitglieder sind aus der Zahl der 
höheren Verwaltungsbeamten oder der Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes zu berufen. 
Der Vorsitzende und die übrigen Mitglieder werden durch landesherrliche Entschließung 
ernannt. 
Diese Ernennung erfolgt für die Dauer des zur Zeit ihrer Ernennung von ihnen 
bekleideten Amtes. 
Der Kompetenzgerichtshof untersteht in dienstlicher Hinsicht dem Staatsministerium. 
Der Kompetenzgerichtshof entscheidet in der Besetzung von sieben Mitgliedern, von 
denen vier dem Oberlandesgerichte und drei der Zahl der höheren Verwaltungsbeamten 
oder der Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes angehören müssen. 
II. Positive Kompetenzkonflikte. Zum Zweck der Bestreitung der Zu- 
ständigkeit der Gerichte findet die Anrufung des Kompetenzgerichtshofes nur statt, so 
lange die Zulässigkeit des Rechtsweges noch nicht durch rechtskräftiges Urtheil festgestellt ist. 
Zur Erhebung eines solchen Kompetenzkonfliktes sind nur die durch landesherrliche 
Verordnung hierfür bestimmten Centralverwaltungsbehörden befugt. 
Die Erhebung des Konfliktes erfolgt durch eine Erklärung an das mit der Sache 
befaßte Gericht, welche die Zuständigkeit zur Entscheidung, unter Angabe der Gründe, für 
eine bestimmte andere Behörde in Anspruch nimmt. 
Nach Einkunft dieser Erklärung verfügt das Gericht die Einstellung des Verfahrens 
und übersendet die Akten dem Vorsitzenden des Kompetenzgerichtshofes. Hiervon find die 
Parteien unter Mittheilung einer Abschrift jener Erklärung zu benachrichtigen. 
1) G. u. V. Bl. Nr. XVI, S. 191.— Bis dahin war zur Entscheidung von Kompetenzkonflikten 
nach ldh. Verord. v. 20. Okt. 1849, Reg. Bl. Nr. LXVIII, S. 543, das Staatsministerium, früher 
der Staatsrath, berufen, unter Mitwirkung von drei Mitgliedern der Gerichtshöfe, und zwar aus 
der Zahl derjenigen, welche vom Landesherrn jeweils für eine Landtagsperiode hierzu besonders be- 
zeichnet wurden. Näheres s. Weizel a. a. O. S. 116. Rechtsfälle s. bei v. Freydorf, Prozeßordnung, 
Karlsruhe 1867, S. 248 ff; Ztschr. I, S. 200; VII, 180; XVIII, 129, 141; XIX, 165, 180.
	        
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