88 62, ð88 Das großherzogliche geheime Kabinet. Die Oberrechnungskammer. 115
Eigen den Einstellungsbeschluß finden Rechtsmittel nicht statt.
Durch Erhebung des Kompetenzkonfliktes wird der Lauf der Fristen, insbesondere
auch der Nothfristen im Prozesse gehemmt; auch ist die Zwangsvollstreckung bis zur Ent-
scheidung über den Kompetenzkonflikt unzulässig.
Dr Vorsitzende des Kompeteizgerichtshofes bestimmt nach freiem Ermessen den Termin
zu der in öffentlicher Sitzung erfolgenden Verhandlung und Entscheidung des erhobenen
Kompeteizkonfliktes.
Die Entscheidung erfolgt auch dann, wenn die Verwaltungsbehörde oder die Par-
teien oder Beide in dem Termine nicht vertreten waren.
In Uebrigen finden die Vorschriften der Reichsgerichtsverfassung und der Reichs-
civilprozeßordnung, insbesondere diejenigen über das Verfahren vor Kollegialgerichten,
auf das Verfahren vor dem Kompetenzgerichtshofe entsprechende Anwendung. Die Ver-
waltungsbehörde ist bei Aufstellung ihres Vertreters nicht auf Rechtsanwöälte beschränkt.
III. Negative Kompetenzkonflikte. Die Entscheidung des Kompetenzgerichtshofes
kann auch dann angerufen werden, wenn in Bezug auf eine Streitsache sowohl von Seiten
der Gerichte als auch der Verwaltungsbehörden oder der Verwaltungsgerichte die Unzu-
ständigkeit ausgesprochen wurde und gegen diesen Ausspruch kein weiteres Rechtsmittel
statthaft ist.
Zur Anrufung des Kompetenzgerichtshofes in diesem Falle ist jede betheiligte Partei
befugt.
Dieselbe erfolgt durch ein bei dem Kompetenzgerichtshof einzureichendes Gesuch um
Bestimmung der zur Entscheidung der Sache zuständigen Behörde.
Wird diesem Gesuche entsprochen, so ist das Verfahren und die Entscheidung des
Kompetenzgerichtshofes gebührenfrei.
Das Verfahren ist im Wesentlichen das Gleiche, wie bei positiven Kompetenzkonflikten.
§52. VII. Das großherzogliche geheime Kabinet. Der Landesherr bedarf zu dem
Zwecke, um in solchen staatlichen Angelegenheiten, über welche die Entschließung ihm als
höchst persönliches Recht — ohne die Verantwortlichkeit Seitens eines Ministers zu er-
fordern — zusteht, sowie um in anderen staatlichen Angelegenheiten eine Entschließung
zu treffen oder seiner Willensmeinung unmittelbar Ausdruck zu geben, eines Sekretariates.
Ein solches, und zwar nicht eine Hofstelle, sondern eine wirkliche Staatsstelle, dienstpolizei-
lich dem Staatsministerium unterstehend, ist das großherzogliche geheime Kabinet. Es
besteht aus dem Vorstand, etwaigen Hilfsarbeitern und den erforderlichen Kanzleibeamten.
In den Geschäftskreis desselben gehört:
1. die Erledigung der an den Großherzog unmittelbar gerichteten Vorstellungen, Be-
schwerden, Gesuche und sonstigen Eingaben, soweit dieselben nicht zum Geschäftskreise von
Hofstellen gehören und nicht reine Unterstützungssachen sind;
2. die Ausfertigung höchster Befehle in Staatsverwaltungssachen, sowie
3. über Ernennung zu Oberhof= und Hoschargen;
4. die Entwerfung höchster Handschreiben;
5. die Geschäfte des Ordenssekretariates?).
#§58. VIII. Die Oberrechnungskammer. Die Oberrechnungskammer ist eine dem
Landecherrn unmittelbar untergeordnete, der Staatsverwaltung gegenüber selbständige Be-
hörde, welche die Kontrole des gesammten Staatshaushalts durch Prüfung und Fest-
stellunt der Rechnungen über Einnahmen und Ausgaben von Staatsgeldern, über Zugang
1) Ldb. Verord. v. 5. Juli 1808, Reg. Bl. Nr. XXI u. XXII. S. 185 u. 193; Verord. d.
Min. d großberzoglichen Hauses 2c. v. 24. Mai 1854, Reg. Bl. Nr. XXVII, S. 256.
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