118 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. V. Kapitel. 8 66.
Wesentlich ist also die Berufung in ein Dienst= d. h. Abhängigkeitsverhältniß zum
Staat durch den Landesherrn oder eine von ihm hierfür als zuständig erklärte Behörde.
Wegen des zur Beamteneigenschaft erforderlichen „Dienstverhältnisses“ sind keine
Beamten diejenigen Personen, welchen nur die Vornahme einzelner Amtshandlungen über-
tragen ist, ohne daß sie dadurch mit ihrer Persönlichkeit in ein Verhältniß der Abhängig-
keit zur Staatsgewalt treten (wie Geschworene, Schöffen rc. s. § 54). Anderseits genügt
dieses Dienstverhältniß, auch wenn dem zum Beamten Ernannten nicht zugleich eine be-
stimmte Amtsstelle mit Einkommen übertragen ist, so daß z. B. auch die von der zustän-
digen Behörde zu staatlichen Dienstleistungen angenommenen Staatsdienst-Anwärter (Prak-
tikanten 2c.) Beamte sind.
Zur Beamteneigenschaft ist ferner nothwendig, daß das Dienstverhältniß unmittel-
bar dem Staate gegenüber bestehe. „Beamter“ (Staatsbeamter) ist also nicht derjenige,
welcher nicht zum Staate selbst, sondern zur Person des Staatsoberhauptes oder zu einem
der im Staate bestehenden Selbstverwaltungskörper in einem Dienstverhältniß steht oder
welcher, zwar mit staatlicher besonderer Ermächtigung, aber ohne Dienstverhältniß zum
Staate Einzelnen aus dem Publikum Dienste zu leisten berufen ist. Hiernach sind nicht
„Beamte“ die sog. Beamten oder Bediensteten des Hoses, der Kirche, der Gemeinden,
Kreise, Körperschaften, die Aerzte, Apotheker, Rechtsanwälte, wohl aber die Notare und
Gerichtsvollzieher 7.
Sonach gibt es im Sinne des badischen Beamtengesetzes in Baden keine „mittel-
baren“ Beamten und fällt der Begriff „Beamter“ nicht vollständig zusammen mit dem von
R. Str. G. B. § 359 und nicht mit dem eines „öffentlichen Dieners“ im Sinne von Art. 11
des badischen Gesetzes vom 20. Dez. 1871 zum Vollzug der Einführung des R. Str. G. B.
Ferner ist zur Begründung des Beamtenverhältnisses eine darauf gerichtete Ent-
schließung des Landesherrn oder einer vom Landesherrn hierzu als zuständig erklärten
Behörde erforderlich. Die Entschließung ist stets schriftlich auszufertigen und dem in das
1) In einem Dienstverhältniß zum Staate stehen außer den oben genannten Persönlichkeiten auch
die von Staatswegen ernannten Beamten des großherzoglichen geheimen Kabinets, die landständischen
Beamten, die Verwalter und Verrechner der weltlichen Distrikts= und Landesstiftungen, die zur Aus-
übung der staatlichen Mitverwaltung am Kirchenvermögen bestellten Beamten, die vom Staat an-
gestellten Beamten und Lehrer an solchen öffentlichen Anstalten, welche gemeinsam vom Staate und
anderen öffentlichen Gemeinschaften (insbes. Kreisen und Gemeinden) unterhalten oder, wie die Brand-
kasse, Militärwittwenkasse, die Badeanstaltenverwaltung, mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet
find. Verschieden von der Frage, ob für derartige Personen das Beamtenverhältniß begründet sei,
ist die andere, welcher Kasse endgiltig die Verpflichtung zur Bestreitung des persönlichen Aufwandes
für den Beamten obliege. Die letztere Frage ist nicht auf Grund des Beamtengesetzes, sondern nach
dem Etatgesetze zu entscheiden. Die von den Landeskirchen zum Vollzuge kirchlicher Aufgaben, auch
zur kirchlichen Vermögensverwaltung, angestellten Personen find an sich, auch wenn eine gewisse Mit-
wirkung der Staatsgewalt (z. B. die Genehmerklärung) dabei stattfindet, nicht als Beamte im Sinne
dieses Gesetzes anzusehen; es gilt dies insbesondere auch von den Mitgliedern und Beamten des
evangelischen Oberkirchenrathes, obwohl denselben auch die Ausübung der staatlichen Aufgaben hin-
sichtlich der Verwaltung des evangelischen Kirchenvermögens übertragen worden ist. Es ist aber zu-
lässig, daß auch auf solche Personen kraft besonderer Bestimmungen, insbesondere durch Vereinbarung
zwischen der Regierung und der Kirchenbehörde, die Vorschriften des Beamtenrechts ganz oder theil-
weise als anwendbar erklärt werden. S. Reg. Begr. zu § 1 d. Beamt.Ges. Zw.K. 1887/88.
VI. Beil. H. S. 41. Ferner kommt die Beamteneigenschaft denjenigen Personen nicht zu, welche, und
zwar auch von einer an sich zur Ernennung von Beamten zuständigen Behörde, lediglich zu bestimmten
Dienstleistungen vertragsmäßig angenommen und nicht in ein die persönliche Abhängigkeit begrün-
dendes Dienstverhältniß zum Staate getreten sind, so z. B. Personen, welche kraft eines Werkver-
dings oder einer Dienst= und Arbeitsmiethe für den Staat gewisse Lieferungen zu machen, Bauten
herzustellen oder zu unterhalten, Transporte zu besorgen haben, welche als Arbeiter (und zwar auch
unter handgelübdlicher oder eidlicher Verpflichtung) in den Dienst werbender Staatsanstalten und
Staatsbetriebe oder der Zollverwaltung getreten find. Ebendas. Alle in einem Dienstverhältnisse zum
Staate stehenden Personen, welchen nicht die Beamten-Eigenschaft im Sinne des Beamtengesetzes zu-
kommt, gelten als vertragsmäßig verwendet. § 1 d. angef. ldh. Verord. v. 7. Febr. 1890.