138 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. V. Kapitel. 8§59.
sind, durch geeignete Zwangemittel, insbesondere durch Beigabe von Geschäftsaushilfe auf
Kosten des Beamten und durch Androhung und Ausspruch von Geldstrafen bis zu 100 Mk.,
dazu anzuhalten?).
II. Dienstvergehen und Disziplinarstrafen. Ein Beamter, welcher die ihm
obliegenden dienstlichen Pflichten verletzt, unterliegt wegen Dienstvergehens der Disziplinar-
bestrafung.
Die Disziplinarstrafen bestehen in Ordnungsstrafen, Entfernung aus dem Amte
(Strafversetzung), Entfernung aus dem staatlichen Dienst (Dienstentlassung).
1. Ordnungsstrafen sind:
a) Verweis;
b) Geldstrafen bis zum Betrage von 200 Mk.
Die Geldstrafe kann mit Verweis verbunden werden.
Gegen Unterbeamte kann als Ordnungsstrafe auch Arrest bis zu acht Tagen ver-
hängt werden.
Zur Verhängung der Ordnungsstrafen sind die vorgesetzten Behörden und Beamten
zuständig, bei den Mitgliedern der Oberrechnungskammer das Staatsministerium, bei deren
sonstigen Beamten der Präsident der Oberrechnungskammer, bei landständischen Beamten,
während der Landtag versammelt ist, der Präsident der betreffenden Kammer ?.
Als Rechtsmittel ist Beschwerde zulässig; über dieselbe entscheidet die nächste höhere
Kollegialbehörde.
2. Die Strafversetzung erfolgt entweder
a) durch Versetzung auf eine geringere Amtsstelle, womit eine Minderung des Dienst-
einkommens um höchstens ein Fünftel verbunden werden kann, oder
b) durch Versetzung auf eine gleichartige Amtsstelle unter Minderung des Dienst-
einkommens um höchstens ein Fünftel.
Statt der Minderung des Diensteinkommens kann eine Geldstrafe verhängt werden,
welche ein Drittel des Diensteinkommens eines Jahres nicht übersteigt.
Gegen die richterlichen und ihnen gleichgestellten Beamten kann erkannt werden:
an Stelle der Strafversetzung oder an Stelle der mit der Strafversetzung verbundenen
Vermögensnachtheile auf Entziehung des gesetzlichen Anspruchs auf Vorrücken im Gehalt
für bestimmte Zeitdauer,
an Stelle der Strafversetzung auf Versetzung in den einstweiligen Ruhestand, wobei
gleichzeitig der Regierung die Befugniß eingeräumt werden kann, den Verurtheilten im
Falle der Wiederanstellung auf eine andere, auch geringere Amtsstelle mit den oben bezeich-
neten Vermögensnachtheilen zu versetzen.
3. Die Dienstentlassung hat den Verlust des Titels und des Anspruchs auf
Diensteinkommen, Ruhe= und Versorgungsgehalt zur Folge.
Lassen besondere Umstände eine mildere Beurtheilung zu, so kann das Disziplinar-
erkenntniß aussprechen, daß dem Beamten auf Lebenszeit oder auf bestimmte Zeit ein
Unterstützungsgehalt im Betrage eines Theils des Ruhegehalts, auf welchen der Beamte im
Falle einer im Zeitpunkte der Dienstentlassung eintretenden Zuruhesetzung gesetzlichen Anspruch
hätte, zu gewähren sei.
Ferner kann dem aus dem Dienste entlassenen Beamten oder der Familie desselben
im Falle der Bedürstigkeit ausnahmsweise auf Grund landesherrlicher Entschließung ein
1) Jede, dem Beamten hinsichtlich der Besorgung der bezüglichen Geschäfte vorgesetzte Behörde
hat diese Befugniß, angef. Verord. 8 1.
2) Beamt. Ges. 88 93, 100, 129, 130; angef. Verord. §§ 2—5.