Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

8 68. Die Kreisverbände. 155 
Das Verwaltungsorgan des Kreises ist der Kreisausschuß. Er besteht aus 
fünf Mitgliedern und zwei Ersatzmännern, — nach Beschluß der Kreisversammlung auch 
in anderer Zahl —, die von der Kreisversammlung aus der Zahl der am Sitze der Kreis- 
versammlung oder in der Nähe wohnenden zur Kreisversammlung wählbaren oder in ihr 
stimmberechtigten Personen auf die Dauer von je drei Jahren gewählt werden, und die aus 
ihrer Mitte den Vorstand wählen. 
Aufgabe des Kreisausschusses ist die Vorbereitung der in der Kreisversammlung zu 
berathenden Gegenstände unter Zuziehung des Kreishauptmannes und der besonderen Aus- 
schüsse, der Vollzug der Beschlüsse der Kreisversammlung, die Verwaltung des Kreisver- 
mögens und der Kreisanstalten und die Wahrnehmung der Interessen des Kreises während 
der Zeit, in welcher die Kreisversammlung nicht tagt. 
Zur Besorgung einzelner Gruppen von Geschäften kann die Kreisversammlung auch 
besondere Ausschüsse durch Wahl bestellen. 
Die Mitgliedschaft der Kreisversammlung, des Kreisausschusses und der Sonderaus- 
schüsse ist ein Ehrenamt; doch kann die Kreisversammlung eine Entschädigung für Auslagen 
und Zeitverlust bewilligen. Die Verweigerung der Annahme zieht bei den Mitgliedern der 
Ausschüsse eine vom Kreisausschuß zu bestimmende Geldstrafe von 50—300 Mk. nach sich!). 
Zur Deckung der Ausgaben des Kreisverbandes kann die Kreisversammlung die 
Leistung von Vorausbeiträgen derjenigen Gemeinde beschließen, welche bei einzelnen Unter- 
nehmungen des Kreises besonders betheiligt sind — vorbehaltlich der Befugniß des Mini- 
steriums des Innern, auf Beschwerden der Gemeinden das höchste Maß solcher Voraus- 
beiträge zu bestimmen. 
Im Uebrigen werden die für den Kreis erforderlichen Geldmittel nicht etwa durch eine 
unmittelbare Besteuerung der Kreisangehörigen aufgebracht, sondern, entsprechend dem Grund- 
gedanken, daß der Kreisverband eine Zusammenfassung von Gemeinden ist, auf die ein- 
zelnen Gemeinden und abgesonderten Gemarkungen des Kreises umgelegt und zwar dem 
Verhältnisse der Steuerkapitalien und Steueranschläge, welche ihnen zur Gemeindebesteue- 
rung zur Verfügung stehen oder zur Verfügung stehen würden (mit einzelnen Sonder- 
bestimmungen?. 
Zur Bestreitung der Kosten des den Kreisen auferlegten Landarmenwesens und ebenso 
des Kreisstraßenwesens erhalten die Kreise übrigens Bauschsummen aus Staatsmitteln (s. u.). 
Die Kreisverbände sind in ihren Beschlüssen und Verwaltungshandlungen, abgesehen 
von den für die einzelnen Angelegenheiten sachlich maßgebenden gesetzlichen Vorschriften, 
grundsätzlich selbständig. 
Doch steht der großherzoglichen Regierung ein gewisses Recht der Einwirkung und 
das der Staatsaufsicht zu 
Das erstere äußert sich darin, daß als regelmäßiges Organ der Staatsregierung 
gegenüber dem Kreise der Kreishauptmann, d. h. der Verwaltungsbeamte des Amtsbezirks, 
in welchem die Verwaltung des Kreises ihren Sitz hat, bei den Vorbereitungsarbeiten für 
die Kreisversammlung mitzuwirken, diese einzuberufen und zu eröffnen hat und an den Ver- 
handlungen mit berathender Stimme Theil zu nehmen befugt ist, wie das Ministerium 
sich hierbei auch durch andere Bevollmächtigte — in der Regel den Landeskommissär — 
zur Wahrung der Staatsinteressen vertreten lassen kann, daß ferner der Kreishauptmann 
auch sonst den Sitzungen der Kreisausschüsse anzuwohnen und jederzeit von den Beschlüssen 
der Kreisbehörden Einsicht zu nehmen befugt ist. 
In Anwendung des Staatsaufsichtsrechtes ist der besonderen Genehmigung vor- 
1) Das. 88 48—53. 2) Das. 88 43, 43-, 54.
	        
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