Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

182 Vierter Abschnitt: Allgemeine Funktionen der Staatsgewalt. II. Kapitel. 8 78. 
neben einzelnen Sonderbestimmungen, das allgemeine Gesetz von 1835 über die Zwangs- 
abtretungen ebenfalls Anwendung (s. o.) 
3. Ein besonderes Verfahren nach Reichsrecht findet statt bei der Enteignung zum 
Zwecke von Festungsbauten ?. 
"4. Bei den Rheinverlandungen muß das zum normalen Flußbette und zum 
Vorlande erforderliche Gelände, auf welchem Vegetation durch Landgewächse Platz gegriffen 
hat, dem Staate auf Verlangen der Flußbaubehörde gegen Entschädigung zu Eigenthum ab- 
getreten werden. 
Die Verlandungen außerhalb des Vorlandes unterliegen, so lange sich keine Vege- 
tation durch Landgewächse auf denselben gebildet hat, der Flußbaudienstbarkeit in der Art, 
daß die Flußbaubehörde berechtigt ist: 1) aus denselben den zu den Rheinbauten erforder- 
lichen Kies und Sand ohne Entschädigung zu beziehen; 2) dieselben zur Durchfahrt und 
zur Lagerung der Baustoffe unentgeltlich zu benützen?. 
5. Ein zwangsweiser Gütertausch findet zum Zwecke der Feldbereinigung statt, nach 
Maßgabe des Feldbereinigungsgesetzes, desgleichen " 
6. die Abtretung von Eigenthums-, Dienstbarkeits= oder Benützungsrechten oder die 
Belastung mit Dienstbarkeitsrechten zu Gunsten der Errichtung einer Bewässerungs= oder 
Entwässerungsanlage — nach Maßgabe des Wassergesetzes. 
7. Besondere Bestimmungen enthält ferner das Berggesetz über die Abtretungen zu 
Gunsten des Bergwerksbetriebs. 
Das Nähere über die unter Ziff. 5—7 bezeichneten Verhältnisse wird weiter unten 
vorgetragen werden. 
8. Eine Enteignung von Grund und Boden findet endlich nach Reichsrecht statt für 
die zum Verscharren wegen Rinderpest getödteter Thiere und giftfangender Dinge nöthigen 
Gruben). 
Eine Enteignung beweglicher oder beweglich gemachter Gegenstände läßt 
das Forstgesetz dadurch zu, daß das Gehölz und Gesträuch, welches zwischen den Ufern und 
den Hauptdämmen oder Hochgestaden eines im allgemeinen Flußverbande befindlichen Flusses 
oder auf den Inseln desselben erzogen wird, mit Ausnahme der Hochwaldbestände, von der 
Flußbaubehörde zur Verwendung zum Flußbau gegen Entschädigung in Anspruch genommen 
werden kann. 
Im Uebrigen beschränkt sich die Enteignung beweglicher Gegenstände auf Fälle 
dringender Noth. Sie findet — nach besonderen Gesetzen, auch des Reiches — insbesondere 
statt zur Unschädlichmachung von Gegenständen, welche Gefahr für die öffentliche Gesundheit 
und Sicherheit drohen, namentlich von kranken Thieren, sodann für die Bedürfnisse der 
Militärverwaltung. 
Auch in die Art der Ausübung von Privatrechten greift der Staat aus Gründen 
des überwiegenden öffentlichen Nutzens mit seinem Zwangsrecht vielfach ein, so insbesondere 
auf dem Gebiete der Forstwirthschaft, der Schafweide, der Jagd, Fischerei. Hierüber s. u. 
1) R. Ges., betr. die Beschränkungen des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen. 
Vom 21. Dez. 1871, R.G.Bl. Nr. 51, S. 495. 
2) Ges. v. 23. Mai 1856, das Eigenthum der durch künstliche Rheinbauten entstehenden Alt- 
wasser und Verlandungen des Rheins längs der franzöfischen Grenze betr., Reg. Bl. Nr. XXII, S. 201, 
u. v. 11. Febr. 1870, das Eigenthum der Verlandungen des Rheins längs der bayerischen Grenze 
betr., G. u. V. Bl. Nr. XII, S. 188. 
3) R.G. v. 7. April 1869, R.G.B. Nr. 11, S. 105.
	        
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