8 85. Die Häusersteuer. 193
Die verfallene Grundsteuer ist eine persönliche Schuld des Pflichtigen. Für dieselbe,
soweit sie im letzten Jahre vor Geltendmachung das Vorzugsrecht fällig geworden oder
nach §8 58 der K.O. als fällig gilt, hat die Staatskasse ein keiner Eintragung bedürfen-
des, allen anderen Vorzugs= und Unterpfandsrechten vorgehendes Vorzugsrecht auf die Liegen-
schaft, auf welcher sie ruht ½.
Ein Nachlaß an der Grundsteuer findet statt, wenn landwirthschaftlich benütztes
Gelände durch Hagelschlag, Wolkenbruch, Ueberschwemmung oder, jedoch nur insoweit es
sich um Rebgelände handelt, durch Frost derart beschädigt wird, daß mindestens der dritte
Theil der Ernte der betroffenen Grundstücke als zerstört anzusehen ist.
Eine Kommission stellt die Größe der Beschädigung durch summarische Abschätz-
ung fest.
Der Nachlaß beträgt vom Gesetz näher bezeichnete Quoten der Grundsteuer.
Die festgestellte Nachlaßsumme wird unter diejenigen beschädigten Steuerpflichtigen,
welche einen Anspruch binnen acht Tagen beim Gemeinderath geltend gemacht haben, durch
diesen, mit Ausschluß einer Berufung, nach Verhältniß des anerkannten Schadens vertheilt .
§ 85. 2. Die Häusersteuer ). Der Häusersteuer unterliegen vorbehaltlich der nach-
bezeichneten Ausnahmen:
1. alle bewohnbaren Häuser sammt Nebengebäuden;
2. alle zur Land= und Forstwirthschaft, sowie zum Gewerbsbetrieb jeder Art dienen-
den Haupt= und Nebengebäude, Stallungen, Vorrathshäuser und Keller;
. alle sonstigen nicht ausdrücklich ausgenommenen Gebäude;
ferner die auf Gebäuden haftenden Zins-, Gült= und Lehenrechte.
Von der Häusersteuer bleiben befreit:
1. die nach dem Gesetz über die Civilliste zur Hofausstattung gehörigen Gebäude
nebst Zugehörden;
2. Kirchen. Bethäuser, Synagogen und die israelitischen Frauenbäder;
3. Lehrgebäude der öffentlichen Lehranstalten, Turnhallen, Uebungshäuser für Feuer-
wehr;
4. Hospitäler, Entbindungs-, Waisen-, Armen= und andere wohlthätigen Zwecken
gewidmete Häuser öffentlicher Anstalten, Leichenhallen;
5. Thorgebäude, Wachthäuser, Gebäude zur Aufbewahrung von Feuerlöschgeräth-
schaften;
6. Pflanzenhäuser und sonstige nicht bewohnbare Gebäude in Gärten und Wein-
bergen, soweit dieselben nicht zum Gewerbsbetrieb dienen;
7. Rathhäuser und andere öffentlichen Zwecken gewidmete Gebäude der Gemeinden,
die keinen Ertrag abwerfen;
8. alle dem Staat gehörige und Staatszwecken dienende Gebäude, ausschließlich jener
des Domänengrundstocks, sowie alle Gebäude, welche der Staatsverwaltung zur unentgelt-
lichen Benützung für Staatszwecke überlassen sind;
9. alle durch besondere Gesetze oder Staatsverträge befreiten Gebäude;
10. alle schlechthin unbenutzbaren Gebäude und Gebäudetheile.
Die oben Ziff. 1—8 zugelassene Befreiung ist durch den Zweck bedingt. Tritt eine
andere Benützungsart ein, so hört die Steuerfreiheit auf.
1) L.R.S. 2103 b Zif.. 1.
das. 3 Ees. v. 12. Mai 1892, G.u. V. Bl. Nr. XI, S. 121; Vollz. Verord. d. Fin. M. v. 12. Mai 1872,
9) Häufersteuerordnung v. 18. Sept. 1810; Ges. v. 26. März 1866 über die neue Katastrirung
der Bebände, Reg. Bl. Nr. XXX, S. 147; Vollz. Verord. d. Fin. M. v. 12. Juni 1872, G. u. V. Bl. Nr.XXV,
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Handbuch des Oeffentlichen Rechts III. 2. Aufl. Baden. 13