Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

887. Die Kapitalrentensteuer. 197 
Leistet der Steuerpflichtige binnen einer vom Schatzungsrathe zu setzenden angemes- 
senen Frist der Aufforderung zur weiteren Aufklärung keine Folge, so wird die Steuer- 
anlage durch den Schatzungsrath nach Maßgabe des Gesetzes vom 17. März 1854 über die 
Kataster der direkten Steuern vollzogen und es steht alsdann dem Pflichtigen gegen die 
betreffende Beschlußfassung des Schatzungsraths weder eine Einsprache noch ein Anspruch auf 
Steuerrückersatz zu. 
Der Schatzungsrath ist ferner berechtigt, durch seine Mitglieder oder durch urkund- 
lich Beauftragte von den gewerblichen Lokalitäten und Einrichtungen Einsicht zu nehmen, 
auch Abschätzungen durch Sachverständige vornehmen zu lassen, im Falle derselbe auf keine 
andere Weise zu einer richtigen Steuerveranlagung gelangen kann. 
Ueberall darf in die Gewerbs= und sonstigen Verhältnisse der Steuerpflichtigen nicht 
weiter eingedrungen werden, als es der Zweck der Herbeiführung einer dem Gesetze ent- 
sprechenden Steuerveranlagung erfordert. 
Gegen die Entscheidungen des Schatzungsrathes steht dem Pflichtigen wie dem Ver- 
treter des steuerlichen Interesses (dem Steuerkommissär) das Recht der Beschwerde an die 
großherzogliche Steuerdirektion und gegen die Entscheidung der letzteren dem Pflichtigen 
die Klage bei dem Verwaltungsgerichtshof zu. 
Dabei liegt dem Pflichtigen ob, den Nachweis zu erbringen, daß er durch die be- 
wirkte Steueranlage beschwert ist. 
Unterlassung der vorgeschriebenen Anmeldungen und Angaben und wahrheitswidrige 
Angaben ziehen als Steuerhinterziehungen — abgesehen von den Steuer- und Taxnach- 
trägen — Geldstrafen, wenn nur auf Versehen beruhend, Ordnungsstrafen nach sich. 
Die Verfolgung der ersteren Steuervergehen verjährt in drei Jahren, die der Ord- 
nungsversehen in einem Jahre #. 
Ueber den Steuerfuß und den Nichtabzug von Schulden s. o. 
§ 87. 4. Die Kapitalrentensteuer?). Der Kapitalrentensteuer unterliegt der Ertrag 
aus Kapitalvermögen, sowie Renten und sonstige derartige Bezüge, soweit diese Erträg- 
nisse nicht unmittelbar aus Grundbesitz (einschließlich von Gebäuden) oder aus dem Be- 
trieb einer gewerblichen Unternehmung herrühren oder ein Entgelt für (jetzige oder frühere) 
Arbeit, Dienstleistung und Berufsthätigkeit bilden ). 
Diese Steuer ist demnach im Allgemeinen zu entrichten von: 
1. den Zinsen aus Anlehen des Deutschen Reiches, aus Schuldbriefen deutscher und 
nicht deutscher Staaten, Gemeinden und anderer öffentlicher Verbände, ferner 
den Zinsen sonstiger verzinslichen Kapitalforderungen aus Darlehen, Kaufschillingen, 
Ablösungsbeträgen, Abrechnungs= und Kontokorrentguthaben, Sparkasseguthaben, Dienst- 
und anderen Kautionen, Hinterlegungsgeldern, Gleichstellungsgeldern und Vorschüssen, sowie 
von den Zinsen aus verzinslich gewordenen Zins= und anderen Ausständen; 
2. den Zinsen, Renten und Dividenden aus Aktien von Eisenbahn-, Bank-, Berg- 
werks= und anderen industriellen oder Handelsunternehmungen auf Aktien, ohne Rücksicht 
darauf, ob das betreffende Unternehmen im Großherzogthum oder anderswo der Gewerb- 
steuer unterliegt; 
1) Das. Art. 35, 36. 
2) Ueber die frühere Kapitalsteuer s. Ges. v. 7. April 1860, Reg. Bl. Nr. XIX, S. 107, und v. 
14. März 1872, G. u. V. Bl. Nr. XI, S. 137. Jetzt ist maßgebend d. Ges. v. 29. Juni 1874, die Kapital- 
rentensteuer betr., G. u. V. Bl. Nr. XXIX, S. 361, abg. durch d. Einkommensteuerges. 2c., in der in G. u. 
V. Bl. 1886, Nr. VII, S. 37, bekannt gemachten Fassung, mit Aenderungen durch Ges. v. 6. Mai 1892, 
G. u. V. Bl. Nr. XI, S. 119, und 26. Juni 1894, G. u. V. Bl. Nr. XXXI, S. 279; Vollz. Verord. d. Fin. M. 
v. 6. März 1886, G.u.V. Bl. Nr. VII, S. 49; 4. u. 6. Juli 1894, G.u. V. Bl. Nr. XXXIV, S. 300. 
3) Angef. Ges. Art. 1.
	        
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