Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

§ 88. Die Einkommensteuer. 201 
Jedes Zins= und Renteneinkommen wird durch Vervielfachung mit Zwanzig zum 
Steuerkapital erhoben. Ausnahmsweise bildet bei Leibrenten, Leibgedingen, Wittwen- 
benefizien und anderen bis zum Tode des Beziehers oder eines Dritten fortdauernden 
Rentenbezügen das Achtfache und bei Waisenbenefizien das Vierfache ihres Jahresbetrages 
das Steuerkapital 7. 
Hinterziehungen der Kapitalrentensteuer durch Unterlassung oder unrichtige Abgabe 
der Erklärungen werden, neben dem Steuernachtrag, mit der Strafe des 10 fachen Betrages 
der hinterzogenen Steuer, Versehen mit Ordnungsstrafen bis zu 500 Mk. geahndet. Die 
Verfolgung der ersteren Vergehen verjährt in fünf Jahren, die der letzteren in einem Jahre. 
Erben und Wittwen von Steuerpflichtigen sind zur rechtzeitigen Anmeldung etwaiger 
Unrichtigkeiten und Nachzahlung des Doppelten der in der Verjährungsfrist zu wenig ge- 
zahlten Steuer mit sammtverbindlicher Haftbarkeit verpflichtet . 
§ 88. 5. Die Einkommenstener ). In Ergänzung und Ausgleichung der oben be- 
handelten Ertragssteuern als Objektsteuern ist die Einkommensteuer eine den jeweils that- 
sächlich gegebenen Verhältnissen sich thunlichst genau anschließende Personalsteuer. Ihr 
unterliegt — vorbehaltlich der gesetzlichen Ausnahmen und Beschränkungen — das ge- 
sammte in Geld, Geldeswerth oder in Selbstbenützung bestehende Einkommen jedes Steuer- 
pflichtigen, welches demselben 1) aus Grundstücken, Gebäuden, Grundrechten und Grund- 
gefällen, sowie aus dem Betrieb der Land= und Forstwirthschaft, 2) aus dem Betrieb eines 
Gewerbes, einschließlich des Handels und des Bergbaues, 3) aus einem öffentlichen oder 
privaten Dienstverhältniß (auch einem früheren), aus einem wissenschaftlichen oder künstle- 
rischen Beruf oder aus irgend einer anderen nicht schon unter Ziff. 1 und 2 begriffenen 
Art gewinnbringender Beschäftigung, 4) aus Kapitalvermögen, Renten und anderen der- 
artigen Bezügen, im Laufe eines Jahres zufließt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob es 
von anderen Steuern bereits getroffen wird oder nicht“). 
Vorausgesetzt wird also, daß der Bezug „Einkommen“, d. h. Erträgniß, nicht Er- 
trägnißaquelle selbst 5) ist, und daß er aus einer der vier im Gesetz bezeichneten Gruppen 
von Quellen fließt. Von diesen Einkommensquellen entsprechen die unter 1. 2 und 4 ge- 
nannten ungefähr — aber nicht genau — den von der Grund= und Häusersteuer, der Ge- 
werbsteuer und der Kapitalrentensteuer getroffenen Objekten ). 
Steuerbar ist dieses Einkommen aber nur nach Abzug 1) der zum Erwerb und 
zur Erhaltung desselben zu bestreitenden Auslagen, 2) der auf den einzelnen Einkommens- 
theilen oder Einkommensquellen ruhenden privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Lasten 
(mit Ausnahme der Einkommensteuer selbst und der sich daran knüpfenden Gemeinde- 
steuern), 3) etwaiger von dem Steuerpflichtigen nachgewiesenermaßen zu entrichtenden Schuld- 
zinsen. 
  
1) Das. Art. 25. 2) Das. Art. 27—52. 
3) Ges. v. 20. Juni 1884, die Einführung einer allgemeinen Einkommensteuer betr., G. u. 
V. Bl. Nr. XXVIII, S. 321, abg. durch Ges. v. 6. Mai 1892, G.u. V. Bl. Nr. XI, S. 119, u. v. 
26. Juni 1894. G. u. V. Vl. Nr. XXXI, S. 279; Vollz. Verord. d. Fin. Min. v. 17. Febr. 1885, G. 
u. V. Bl. Nr. VI, S. 41, abg. 30. Juni 1892, G. u. V. Bl. Nr. XXI, S. 382, u. 6. Juli 1894, G. u. 
V. Bl. Nr. XXXIV, S. 300. Ueber die frühere Klassensteuer s. Ges. v. 31. Okt. 1820, Reg Bl. 
Nr. XVII, S. 127, und 10. Juli 1837, Reg. Bl. Nr. XXI, S. 139. Sie hatte die Gehalte, Pen- 
sionen und ähnliche Berufseinkommen ergriffen und ist s. Z. in die Erwerbsteuer übergegangen. 
4) Eink. St.G. Art. 2. 5) Wie z. B. Erbschaften. 
6) Das Einkommen aus den vier im Gesetz genannten Einkommensquellen zusammen bildet 
insofern eine Einheit, als von dem pofitiven Ergebniß der einen Quelle dasjenige abzurechnen ist, 
was etwa bei einer anderen verloren worden, z. B. wenn Zinse aus Kapitalvermögen verwendet 
werden mußten, um die Unterbilanz bei einem Gewerbebetrieb zu decken. V.G. H. 22. Sept. 1893, 
Ztschr. XXV, S. 174. 
Ueber die Beirechnung des Einkommens der Familienglieder s. angef. Ges., Art. 4.
	        
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