§ 93. Die Fleischsteuer. 207
a) Die Bieraccisel) wird zur Zeit in der Form einer Kesselraumsteuer erhoben.
Jeder Biersutt, der im Großherzogthum erzeugt wird, unterliegt der Besteuerung.
Unter einem Biersutt wird diejenige Quantität Bier verstanden, welche in dem zur Be-
reitung desselben verwendeten Braugefäß vor dem Beginn der Abkühlung mit einem Male
erzeugt wird.
Die Steuer wird nach dem Rauminhalt des Braugefäßes, d. h. nach seinem ganzen
Inhalt ohne jeden Abzug berechnet und ist zu entrichten, ehe mit der Feuerung begonnen
wird. Die Feuerungen der Braugefäße sind unter steuerlichem Verschluß. Behufs der Ab-
nahme desselben ist der Ortssteuerbehörde, unter Angabe der Brauzeit zur Erlangung eines
Brauscheins Anzeige zu machen. Wer Bier braut, ohne einen Brauschein gelöst zu haben,
oder wer mehr braut, als er nach dem Brauschein zu brauen berechtigt ist, macht sich der
Hinterziehung der Biersteuer schuldig. Ueber die Fälle, in welchen eine Hinterziehung als
vollbracht angenommen oder wenigstens vermuthet wird, enthält das Gesetz bestimmte Vor-
schriften. Die Strafe der Hinterziehung steigt, je nach dem Rückfall, vom Vierfachen bis
zum zwanzigfachen des unterschlagenen und nachzuzahlenden Steuerbetrags. Daneben ist
eine Geldstrafe von 100 bis 300 Mk. auszusprechen. Bei Ordnungsversehen haben Ord-
nungsstrafen einzutreten.
Wenn besondere Umstände der Brauer nöthigen, den Sutt zu unterlassen oder der
letztere während der Bereitung verdirbt, wird die bezahlte Steuer rückersetzt.
Wird im Großherzogthum erzeugtes Bier unter Kontrole über die Landesgrenze aus-
geführt, so findet eine theilweise Rückvergütung der Steuer statt.
b) Einer Uebergangssteuer?) unterliegt, mit Ausnahme des Bieres, von welchem
Eingangszoll zu entrichten oder welches nur zur Durchführung bestimmt ist, alles Bier, wel-
ches in das Großherzogthum eingebracht wird. Ueber die steuerliche Kontrole der Ein= und
Durchfuhr enthält die Verordnung das Nähere.
Die Sätze für die Besteuerung des Bieres und für die Rückvergütung bei der Aus-
fuhr werden jeweils durch das Staatshaushaltsgesetz bestimmt 3).
§ 93. 3. Die Fleischsteuer"'). Der Verbrauch des Fleisches von Rindvieh mit Aus-
nahme der Milchkälber unterliegt der Fleischsteuer.
Dieselbe wird bei der Schlachtung nach der Stückzahl des Schlachtviehes, bei der
Einfuhr von Fleisch in das Großherzogthum nach dem Gewicht des Fleisches erhoben.
Bei Schlachtung beträgt die Steuer für jedes Stück bei einem Schlachtgewicht
von weniger als 200 Kilorrr. . . 4M!.
„ 200 bis ausschließlich 250 Kilorr. 6 „
„ 250 Kilogr. und meher. . . 11,
Für Kühe und Farren ist auch bei einem Schlachtgewicht von 250 Kilogr. und dar-
über nur die Steuer von 6 Mk. zu entrichten.
Steuerfrei ist nach näherer Bestimmung des Gesetzes das bei Nothschlachtungen —
sofern der Eigenthümer kein Metzger ist — sich ergebende und das für ungenießbar erkannte
Fleisch.
1) Ges. v. 28. Pr. 1845, Reg. Bl. Nr. V, S. 50; Vollz. Verord. d. Fin. Min. 16. April 1864,
Reg.Bl. Nr. XIII, S. 100.
2) Zollvereinsvertrag v. 4. Juni 1867, Art. 5, II, § 2; Verord. d. Fin. Min. v. 2. März
1887, G. u. V. Bl. Nr. VI, S. 79, abg. 19. April 1888. G. u.V.Bl. Nr. XIII, S. 223.
3) Seit 1880 (G.u.V.Bl. 1880, Nr. XI, S. 54) beträgt: die Bieraccise 2 Pf. von jedem
Liter Rauminhalt, die Rückvergütung derselben 2 Mk. 50 Pf. für jedes Hektoliter der ausgeführten
Biermenge, die Uebergangssteuer 3 Mk. 20 Pf. für das Hektoliter.
4) Ges. v. 29. April 1886, G.u. V. Bl. Nr. XXIV, S. 205, Vollz. Verord. d. Fin. Min. v.
30. Okt. 1886, G.u. V. Bl. Nr. XIVI, S. 470. Die frühere Fleischaccise s. Ges. v. 26. Mai 1835,
Reg. Bl. Nr. XXIII, S. 123.