Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

218 Fünfter Abschnitt: Das Finanzrecht des Staates. III. Kapitel. § 100. 
Den Rechnern wird ein Rechnungsbescheid auf Grund der Abhör oder Oberabhör 
ertheilt, gegen den gewisse Rechtsmittel zulässig sind. 
Haben die Rechnungsführer ihren Verbindlichkeiten vollständig genügt und die auf- 
gestellten Erinnerungen erledigt, so wird ihnen eine Entlastung mit der Wirkung einer 
Quittung ertheilt, die jedoch die weitere Verfolgung eines später entdeckten Rechnungsfehlers, 
einer Veruntreuung oder der Ansprüche Dritter innerhalb der Verjährungsfrist nicht aus- 
schließt 7). · 
Der Ständeversammlung ist mit der Vorlage des Staatsbudgets „eine detaillirte 
Uebersicht über die Verwendung der verwilligten Gelder von den früheren Etatsjahren“?) 
zu übergeben, d. h. eine Nachweisung der in den Vorjahren eingegangenen Staatsgelder und 
deren Verwendung und eine Vergleichung der Budgetssätze mit den Rechnungsergebnissen 
mit Erläuterungen über die Unterschiede?). 
Diesen Nachweisungen hat die Oberrechnungskammer unter selbständiger, unbedingter 
Verantwortlichkeit Bemerkungen darüber beizufügen: 
1. ob die in der Rechnung aufgeführten Beträge in Einnahmen und Ausgaben mit 
denjenigen übereinstimmen, welche in den von der Oberrechnungskammer geprüften Kassen- 
rechnungen in Einnahme und Ausgabe nachgewiesen sind; 
2. ob und inwieweit bei der Vereinnahmung und Erhebung, bei der Verausgabung 
oder Verwendung von Staatsgeldern, oder bei der Erwerbung, Benützung oder Veräuße- 
rung von Staatseigenthum Abweichung von den Bestimmungen des gesetzlich festgestellten 
Hauptfinanzetats oder der vom Landtag genehmigten Titel der Spezialetats oder von den 
mit einzelnen Positionen des Etats verbundenen Bemerkungen oder Abweichungen von den 
Bestimmungen der auf die Staatseinnahmen und Ausgaben, oder auf die Erwerbung, Be- 
nützung oder Veräußerung von Staatseigenthum bezüglichen Gesetze und wichtigeren Vor- 
schriften stattgefunden haben, insbesondere 
3. welche Etatsüberschreitungen, sowie welche außeretatsmäßige Einnahmen und Aus- 
gaben stattgefunden haben. 
Mit den Bemerkungen der Oberrechnungskammer ist von derselben eine Denkschrift 
zu verbinden, welche die hauptsächlichsten Ergebnisse der Prüfung übersichtlich zusammen- 
faßt. Derselben sind die Wahrnehmungen der Oberrechnungskammer über etwaige aus den 
Rechnungen sich ergebende wesentliche Mängel der Verwaltung und gutächtliche Vorschläge 
zur Abhilfe derselben beizufügen. 
Ueber Fragen, welche zum Geschäftskreise der Oberrechnungskammer gehören und 
einer näheren Aufklärung bedürfen, können auch die Stände durch Vermittlung des Staats- 
ministeriums von der Oberrechnungskammer Gutachten erheben ). 
Die Kammern sind berechtigt, wegen grober Verletzung der der Oberrechnungskammer 
ihnen gegenüber auferlegten Pflichten die Einleitung des Disziplinarverfahrens bei dem 
Staatsministerium zu beantragen. 
Für den Fall einer schuldhaften Verletzung der hiernach dem Staatsministerium ob- 
liegenden Pflichten tritt die Verantwortlichkeit der Minister nach Maßgabe der §§ 67a 
bis 69g der Verfassungsurkunde ein 5). 
1) Hrüber s. insbes. § 2 in d. ldh. Verord. v. 2. Okt. 1890. 
2) V. U. § 35. 
3) Die „Nachweisung" (sog. 3. Beilagenheft) umfaßt regelmäßig das erste Jahr derjenigen 
Budgetperiode, in der der Landtag einberufen wird und das letzte Jahr der Vorperiode, die Rechnungs- 
nachweisungen (2. Beil. H.) die beiden Jahre der Vorperiode. 
4) Ges. üb. d. Ob. R. K. Art. 6. 5) Das. Art. 7. 
 
	        
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