Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

8 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. I. Kapitel. 85. 
gebietes sich beschränkt, heißen Fremde oder Ausländer, Nichtbadener. Sie unterliegen 
während der Zeit ihres Aufenthaltes im badischen Staatsgebiet der Herrschaft der badischen 
Staatsgewalt und genießen deren Schutz und die durch den badischen Staatsverband und 
die in ihm enthaltenen Organismen gebotenen Vortheile. Näheres s. u. 
Die Gesammtheit der Badener und der in Baden sich thatsächlich aufhaltenden 
Nichtbadener bildet die Bevölkerung des Großherzogthums. 
Die Angehörigen des badischen Staates stehen mit dem Staatsganzen in verschieden— 
artiger Weise in organischem Verhältniß: 
Einmal in einem unmittelbaren Verhältnisse als Einzelpersönlichkeiten, sodann in 
einem mittelbaren als Glieder einer dem Staate eingeordneten organischen Vereinigung. 
Je nach den Zwecken, welche durch die Vereinigung erstrebt werden, kann deren 
Einordnung in den Staat entweder eine vollständige oder nur eine theilweise, lediglich 
die äußeren rechtlichen Verhältnisse treffende sein. 
Aus der Klasse der ersteren Vereinigungen sind die wichtigsten die Gemeinden und 
die Kreise, welche beide, nur innerhalb engerer räumlicher Schranken, wesentlich die 
gleichen Zwecke verfolgen wie der Staat. Die Eingliederung der einzelnen Staats- 
angehörigen in diese Vereinigungen ist vom Staate sogar geboten. Sie bilden daher 
wesentliche Glieder des staatlichen Organismus. 
Zu der anderen Klasse von Vereinigungen gehören die Kirchen und kirchlichen Vereine, 
deren Zwecke, Mittel und Grenzen wesentlich andere als die des Staates sind, die aber 
doch zur Erreichung ihrer Zwecke weltlicher Mittel und einer sicheren Rechtsstellung be- 
dürfen und denen deshalb der Staat, die Wichtigkeit ihrer Zwecke anerkennend, eine solche 
auch im öffentlichen Rechte gewährt. 
Von den genannten Vereinigungen physischer Personen bildet jede wieder eine 
organische Einheit mit eigenem Leben, eine Persönlichkeit. 
Außer diesen, von physischen Personen getragenen Persönlichkeiten bestehen solche, 
welche nur an einen gewissen Vermögenskomplex wegen der öffentlichen Zwecksbestimmung 
desselben geknüpft sind: Die Stiftungen. 
§ 5. B. Erwerbung und Verlust der Staatsangehörigkeit. Nach deutschem Reichs- 
recht ist die Staatsangehörigkeit zu einem deutschen Einzelstaate die Voraussetzung zur 
Begründung der Reichsangehörigkeit in der Art, daß die Reichsangehörigkeit durch die 
Erwerbung der Staatsangehörigkeit in einem zum Deutschen Reiche gehörigen Staate 
erworben wird und mit deren Verlust erlischt. Erwerbung und Verlust der Staats-= und 
zugleich der Reichsangehörigkeit sind daher durch die Reichsgesetzgebung und zwar durch 
Reichsgesetz vom 1. Juni 1870 1) in Verbindung mit Art. 3 der Reichsverfassung geregelt. 
Bezüglich der in dieser Beziehung geltenden Rechtssätze muß sonach auf die Dar- 
stellung des Reichsstaatsrechts in diesem Handbuch verwiesen werden. 
Die Aufnahmsurkunde für einen Angehörigen eines anderen Bundesstaates und für 
einen in das Bundesgebiet zurückgekehrten Deutschen, welcher seine Staatsangehörigkeit 
durch zehnjährigen Aufenthalt im Auslande verloren hat, ferner die Entlassungsurkunde 
wird von dem Bezirksamt des Wohnsitzes ertheilts). Die Naturalisationsurkunde für 
einen Ausländer ist durch den Landeskommissär zu ertheilen, in dessen Dienstbezirk der 
Aufzunehmende sich niederlassen will ). 
Für die Verleihung der Staatsangehörigkeit durch Naturalisation ist für jede 
1) Bd. G. Bl. Nr. 20, S. 356. 
2) Ldh. Verord. v. 28. Dezbr. 1870, G. u. V. Bl. Nr. LXXIII, S. 759. 
3) V.O. d. Min. d. Inn. v. 14. Juni 1888, G. u. V. Bl. Nr. XXII, S. 292.
	        
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