Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

§8 106—109. Entlassung v. Strafgefangenen. Preßpolizei. Vereins= u. Versammlungspolizei. 227 
In der zum Vollzug dieses Gesetzes erlassenen Verordnung!) ist u. A. bestimmt, 
daß für Kinder, die das sechste Lebensjahr noch nicht zurückgelegt haben, die Zwangs- 
erziehung nur in besonders dringenden Fällen in Aussicht zu nehmen ist. 
§ 106. d) Die vorläufige Entlassung von Strafgefangenen auf Grund der 88 23 
bis 26 d. R. tr. G. B. ist durch eine Verordnung v. 29. Dez. 187 12) geregelt. 
Der vorläufig entlassene Gefangene tritt mit dem Tage der Entlassung und bis zum 
Ablaufe der in dem Straferkenntnisse festgesetzten Strafzeit unter spezielle Kontrole, welche 
den Zweck hat, ihn fortdauernd und in wirksamer Weise von dem Mißbrauche der ihm 
durch die Entlassung zu Theil gewordenen Vergünstigungen abzuhalten, welche aber nicht 
in der Weise ausgeübt werden soll, daß der Entlassene dadurch in seinem Fortkommen be- 
hindert oder der öffentlichen Verachtung ausgesetzt wird. 
Die Kontrole wird durch das Bezirksamt des Entlassungs= bezw. jedesmaligen Auf- 
enthaltsorts unter Mitwirkung der Ortspolizeibehörde ausgeübt. 
§ 107. e) Eine Reihe sonstiger, die öffentliche Sicherheit, Ruhe und Ordnung 
bezweckender Vorschriften bezieht sich auf den Besitz und das Tragen von Waffen, den Ver- 
kehr mit Gefangenen, Schmähung öffentlicher Diener, Singen verbotener Lieder. Tragen 
verbotener Abzeichen an öffentlichen Orten, Schlägereien und sonstige Thätlichkeiten an 
öffentlichen Orten, unerlaubte Nachtmusiken, das Nachtwachenwesen, Störungen durch Hunde, 
öffentliche Tanzbelustigungen, unerlaubte Sammlungen, öffentliche Schau= und Vorstellungen, 
Gaukelei . 
§ 108. 3. Sicherheitspolizei gegenüber einer Mehrheit von Personen. a) Preßpolizei. 
Die Beschränkungen, welchen die Freiheit der Presse unterliegt, sind reichsgesetzlich bezeichnet 0. 
§ 109. b) Die Vereins- und Versammlungspolizei ist durch Landesgesetz) geregelt. 
Darnach bedürfen nur bewaffnete Vereine mit militärischer Einrichtung oder zu 
militärischen Uebungen der Staatsgenehmigung. 
Die Staatspolizeibehörde ist berechtigt, aus Gründen der öffentlichen Wohlfahrt von 
den Vorstehern und Mitgliedern eines Vereins über die Verhältnisse desselben, insbesondere 
über seinen Zweck, seine Einrichtungen und Verbindungen, seine Vorsteher und Mitglieder 
Auskunft zu verlangen. 
Vereine, welche den Staatsgesetzen oder der Sittlichkeit zuwiderlaufen, welche den 
Staat oder die öffentliche Sicherheit gefährden, können durch das Ministerium des Innern 
verboten werden. Ein solches Verbot erstreckt sich zugleich auch auf einen vorgeblich neuen 
Verein, welcher aber mit Rücksicht auf die Entstehungszeit, die Mitglieder, die verfolgten 
Zwecke u. s. f. sachlich als der alte sich darstellt. 
1) Des Min. d. Justiz u. des Inn. v. 27. Nov. 1886, G. u. V. Bl. Nr. L, S. 540. 
2) G. u. V. Bl. Nr. LV, S. 491, abg. 19. Nov. 1890, G.u. V. Bl. Nr. XLIX, S. 694. 
3) Pol. Str. G. B. §§ 41, 42, 51—58, 60—68. 
4) R.Ges. v. 7. Mai 1874, R.G.B. Nr. 16, S. 65. Das badische Einführ. Ges. dazu v. 
20. Juni 1874, G.u. V. Bl. Nr. XXIII, S. 279, bestimmt weiter: 
Von Bekanntmachungen, Plakaten und Aufrufen, welche öffentlich angeschlagen, ausgestellt 
oder auf Straßen, öffentlichen Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten unentgeltlich vertheilt 
werden sollen, muß, bevor der Anschlag, die Ausstellung oder die Vertheilung beginnt, ein Exem- 
plar an die Orts--Polizeibehörde gegen eine auf Verlangen zu ertheilende Bescheinigung unentgeltlich 
abgeliefert werden. 
Ausgenommen hiervon sind die amtlichen Bekanntmachungen von Reichs-, Staats= und Ge- 
meindebehörden, sowie solche Bekanntmachungen, Plakate und Aufrufe, welche keinen anderen Inhalt 
haben, als Ankündigungen über gesetzlich nicht verbotene Versammlungen, über öffentliche Vergnü- 
gungen, über gestohlene, verlorene oder gefundene Sachen, über Verkäufe, Vermiethungen oder an- 
dere Nachrichten für häusliche Zwecke und für den gewerblichen Verkehr. 
Zuwiderhandlungen werden mit Geld bis zu 150 Mark oder Haft bis zu 6 Wochen bestraft. 
e — 21. Nov. 1867, Reg. Bl. Nr. LIV, S. 540, abg. durch d. Vollz.Ges. v. 23. Dez. 1871 
z. R. Str. G. B. 
15“
	        
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