Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

886,7. Ausflüsse der bad. Staatsangehörigkeit im Allgemeinen. Pflichten der Staatsangehörigen. 9 
Person eine Taxe von 25—50 M. anzusetzen. Erfolgt die Verleihung für eine Familie, 
so sind die noch unter der väterlichen Gewalt stehenden Kinder von der Taxe frei?. 
Rechtsstreitigkeiten über den Anspruch auf Staatsangehörigkeit, auf Aufnahme in 
den Staatsverband und auf Entlassung aus dem Staatsverband in Friedenszeiten ent- 
scheidet der Verwaltungsgerichtshof in erster und letzter Instanz; die Verwaltungsent- 
schließung im Vorverfahren steht dem Bezirksrath zu?). 
§ 6. C. Ausflüsse der badischen Staatsangehörigkeit. 1. Im Allgemeinen. Nach 
derzeitigem badischem Staatsrechte ist der Begriff der Staatsangehörigkeit rechtlich von dem 
des Staatsbürgerrechtes nicht verschieden. Jedoch pflegt insbesondere dann der Ausdruck 
„Staatsbürger“ gebraucht zu werden, wenn der Staatsangehörige als am Staatsganzen 
mitarbeitend in Frage kommt. Das Verhältniß des Staatsangehörigen zum badischen 
Staate ist das eines demselben mit der ganzen Persönlichkeit eingeordneten Gliedes, also 
ein dauerndes, gesetzlich freies, gegenseitiges ). Daraus folgt, daß er verpflichtet ist, dem 
Staatsganzen mit seiner ganzen Person und seinem ganzen Vermögen sich hinzugeben, aber 
Beides nur nach Maßgabe der für das gesammte Staatsleben bestehenden Ordnung und 
nur soweit das Wohl der Staatsallgemeinheit dies verlangt, daß er aber auch berechtigt 
ist, jeden unbefugten Eingriff in seine eigene Persönlichkeit abgewendet zu sehen, in der 
Entwicklung derselben Seitens der Allgemeinheit gefördert zu werden und selbstthätig nach 
Maßgabe der Gesetze an den Angelegenheiten des Staates mitzuarbeiten. Aus diesen 
Gesichtspunkten ergeben sich die unten im Einzelnen näher zu betrachtenden Verpflichtungen 
und Rechte der Staatsangehörigen. 
Jeder Staatsangehörige ist aber als solcher zugleich Angehöriger des Deutschen 
Reiches und hat auch diesem gegenüber Verpflichtungen und Rechte von ähnlichem 
Charakter, wie sie vorstehend als den Einzelstaaten gegenüber begründet bezeichnet 
wurden. 
Außerdem sind gewisse Beziehungen der Staatsangehörigen, sowohl zu denjenigen 
deutschen Staaten, welchen sie angehören, als zu den anderen deutschen Staaten durch 
Reichsrecht geordnet. Bezüglich dieses Verhältnisses zum Reiche muß auf das Reichs- 
staatsrecht verwiesen werden. 
§ 7. 2. Pflichten der Staatsangehörigen. Die erste, allgemeinste, die Grundlage 
aller übrigen bildende Pflicht jedes Staatsangehörigen ist die der Unterordnung seines 
  
1) § 25 Ziff. 9 d. Verwalt. Gebühr. Ges. v. 4. Juni 1888 (Fassung v. 1894). Siehe im Uebrigen 
R.G. v. 1. Juni 1870,824; ferner üb. d. Verfahren bei Auswanderungen: Erl. d. Min. d. Inn. v. 12. Sept. 
1871, G. u. V. Bl. Nr. XXXII, S. 176. 
2) V. R. Pfl. G. § 3 Ziff. 26; ldh. Vollz. V. O. dazu v. 5. Aug. 1884, G.u V. Bl. Nr. XXXII, 
S. 369, Ziff. 26. — Ueber die Erwerbung u. den Verlust des bad. Staatsbürgerrechts nach früherem 
bad. Rechte f. VI. Konst. Ed. v. 4. Juni 1808, Reg. Bl. Nr. XVIII u. XIX, S. 146 ff.; L. R. S. 17—21; 
V. U. § 9. Ein rechtlicher Unterschied zwischen dem Begriffe „Inländer“ (Badener) und dem „bad. 
Staatsangehöriger“ besteht, wenn er überhaupt je bestanden hat, jetzt nicht mehr. Nach dem Sprach- 
gebrauch war die erstere Bezeichnung für die privatrechtliche, die letztere für die öffentlich rechtliche 
Seite des Personenstandes die übliche. 
3) Etwas weitläufig zwar, doch im Wesentlichen zutreffend bezeichnet das VI. Konst.Ed. Ziff. 6 
als Staatsbürger denjenigen, der ausdrücklich oder stillschweigend erklärt hat, beständiges Mitglied 
der badischen Staatsgesellschaft sein zu wollen, d. h. „alle jene Verwendung der Zeit und Kräfte, welche 
nach der Staatsverfassung zum öffentlichen Dienst gewidmet ist, der badischen vorzugsweise zu widmen, 
alle Verwendung derselben, die zu seiner eigenen Willkür vermöge der Staatsverfassung bleibt, nach 
den Regeln der badischen Staatsgesetzgebung einzurichten und sich unbedingt der hiefigen Richtergewalt 
zu untergeben, wogegen er aber auch das Recht genießt, aus der Benutzung seiner Zeit und Kräfte 
all jenen Gewinn zu ziehen, der staatsverfassungsgemäß davon gezogen werden kann, und zu verlangen, 
daß er gegen jede drohende Benachtheiligung, welche wegen Geistes= oder Körperschwäche, oder Ueber- 
macht der Gegenwirkung, er selbst nicht vermögend wäre, mittelst obrigkeitlicher Vorsorge im Lande 
und mittelst regentenamtlicher Vertretung und Verwendung außer Landes geschützt werde.“
	        
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