87. Pflichten der Staatsangehörigen. 11
Die in dem Vorstehenden dargestellte Pflicht des Gehorsams hat übrigens dem
badischen Staat gegenüber nicht blos der badische Staatsangehörige, sondern Jeder, so
lange er innerhalb des badischen Staatsgebietes sich aufhält.
Auch die Verpflichtung zu vermögensrechtlichen Leistungen an den Staat!)
fließt im Allgemeinen aus der Staatsangehörigkeit.
Der Staat bedarf zur Erfüllung seiner Aufgabe der wirthschaftlichen, insbesondere
der Geldmittel, und zwar in reichlichem Maße. Sovweit ihm dieselben nicht aus seinen
eigenen wirthschaftlichen Quellen (Ertrag der Staatsgüter, vom Staate betriebener Ge-
werbe 2c.) zufließen, sind die Staatsangehörigen verpflichtet, mit ihrem eigenen Vermögen
für die Zwecke des Staates, in welche ja auch ihre eigenen aufgenommen sind, einzutreten.
Voraussetzung, Maß und Formen dieser Verpflichtung sind durch den Willen der
Staatsgesammtheit selbst und gemäß den Zwecken derselben, also durch die Gesetzgebung
genau festgestellt. Ueber die durch die Gesetzgebung gezogenen Schranken hinaus besteht
für den Staatsangehörigen eine Verpflichtung zu vermögensrechtlichen Leistungen nicht.
Solche Geldleistungen — Steuern oder Abgaben — können aber nicht blos für
den Staat selbst, sondern auch für die in ihn aufgenommenen, mit öffentlichem Charakter
bekleideten Organismen — Gemeinden, Kreise und andere Verbände — nothwendig
werden. Auch ihnen gegenüber ist die Pflicht der Staatsangehörigen begründet, nach
Maßgabe der staatlichen Gesetzgebung zu den Zwecken derselben vermögensrechtliche Beiträge
zu leisten.
Für diejenigen Personen, welche im Großherzogthum weder staatsangehörig sind
noch sich aufhalten, besteht wenigstens die Verpflichtung, mit ihren daselbst gelegenen
Liegenschaften zu den Zwecken desselben beizusteuern.
Von den einzelnen im Großherzogthum zur Zeit gesetzlich, sei es zu Zwecken des
Staates, sei es zu solchen anderer öffentlicher Gemeinschaften, begründeten Steuern wird
später gehandelt werden.
Auch die dem Staate oder Verbänden nöthigen persönlichen Dienste zu leisten,
sind die Staatsangehörigen auf Anforderung der Staatsvollzugsgewalt verpflichtet, jedoch,
da diese Verpflichtung eine Beschränkung der Freiheit der Person enthält, nur insoweit, als
der Wille der Staatsgesammtheit, d. i. das Gesetz eine Verpflichtung anerkennt. Dies ist
— abgesehen von der reichsrechtlichen Wehrpflicht — nach badischem Recht in doppelter
Richtung der Fall, nämlich:
a) Als Verpflichtung zur Leistung gewöhnlicher, irgend welche Kenntnisse oder
Bildung nicht voraussetzender Arbeiten;
b) als Verpflichtung zur Theilnahme an der öffentlichen Verwaltung. Eine solche
Verpflichtung haben die badischen Landesgesetze insbesondere bezüglich der Theilnahme
an den Geschäften der inneren Verwaltung und der Finanzverwaltung als Mitglieder
der Bezirksräthe, Stiftungsräthe und Schatzungsräthe, sowie an den Geschäften der dem
Staate eingefügten gebotenen Verbände — Gemeinden, Kreisverbände — festgestellt.
Ueber die Annahme ausländischer Titel und Ehrenzeichen durch badische Staats-
angehörige s. u.
Die Erfüllung der ihm als Staatsbürger obliegenden Pflichten hat jeder männliche
badische Staatsangehörige durch Ablegung des Huldigungs= und Verfassungseides feierlich
zu geloben. Die Soldaten legen diesen Eid mit dem Fahneneide, die öffentlichen Diener
mit dem Diensteide, alle übrigen badischen Staatsbürger, wenn sie das 21. Lebensjahr
zurückgelegt haben, als selbständigen Eid ab. Die Formel des letzteren lautet z. 3.:
1) VI. Konst.Ed. 88 6 u. 13.