Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

8124. Das Wegerecht. 259 
Wenn nämlich ein Gemeindeweg für die Gemeinde, deren Gemarkung von dem Weg 
berührt oder durchzogen wird, von keinem oder nur unerheblichem Nutzen ist, vielmehr 
allein oder hauptsächlich zur Verbindung anderer Gemeinden oder Gemarkungen dient, so 
sind die letzteren verpflichtet, nach Verhältniß ihres Nutzens die Kosten für die Anlage, 
Verbesserung und Unterhaltung des Wegs ganz oder theilweise zu tragen. 
Wenn ein Gemeindeweg, welcher für größere Waldungen, für Steinbrüche, Salinen, 
Berg= und Hüttenwerke oder sonstige Gewerbsunternehmungen zur Ab= und Zufuhr dient, 
für die wirthschaftlichen Zwecke dieser Besitzungen und Anlagen dauernd oder vorüber- 
gehend in besonderem Maaße gebraucht oder abgenützt wird, wenn ferner die Hauptver- 
besserung oder die Neuanlage eines Gemeindeweges im vorwiegenden Interesse von Be- 
sitzungen und Anlagen der bezeichneten Art erforderlich wird, so sind die betheiligten 
Besitzer und Unternehmer, und zwar auch dann, wenn die betreffende Besitzung oder An- 
lage außerhalb der Gemeindegemarkung liegt, verpflichtet, auf Verlangen der Gemeinde- 
behörde für die Unterhaltung, die Hauptverbesserung oder den Neubau des Gemeindewegs 
einen besonderen Beitrag zu leisten. 
Die Wegebaupflicht erstreckt sich auch auf sämmtliche Zubehörden und Vor- 
richtungen, welche zum Schutze und zur Erhaltung des Straßenkörpers, zur Sicherheit, 
Ordnung und Bequemlichkeit des nach der Art des Wegs zu vermittelnden Verkehrs, so- 
wie zum Schutze benachbarter Besitzer gegen nachtheilige Folgen der Weganlage erforder- 
lich find. Vorrichtungen und Arbeiten, welche wesentlich nur den Interessen der Gesund- 
heit, Reinlichkeit oder Annehmlichkeit dienen, sowie die Beleuchtung eines öffentlichen Wegs 
liegen, soweit ein öffentliches Interesse besteht, der Gemarkungsgemeinde ob. 
In der Verpflichtung zur Wegeunterhaltung ist auch die Fürsorge für Offen- 
haltung der öffentlichen Wege bei Schneeanhäufungen begriffen. Soweit aber 
hierzu die Thätigkeit der Wegebediensteten nicht ausreicht, sind die Gemeinden, und zwar 
zunächst jede innerhalb ihrer Gemarkung und erforderlichen Falls auch die benachbarten, 
verpflichtet, mittelst Hand= und Spanndiensten und Stellung der dazu dienlichen Geräth- 
schaften zur Offenhaltung der Wege Hilfe zu leisten. 
Für die geleistete Hilfe ist von demjenigen Verband, welchem die Unterhaltung des 
öffentlichen Weges obliegt, eine billige Vergütung zu gewähren. Die Höhe derselben wird 
durch die zuständige Verwaltungsbehörde entweder allgemein zum Voraus für bestimmte 
Kreise oder Bezirke oder durch besondere Beschlußfassung festgestellt. 
Eine besondere Verordnung# regelt diesen Gegenstand des Näheren. 
In dem Staatsbudget werden, soweit erforderlich, angemessene Summen ausgeworfen, 
um einzelnen Gemeinden oder Kreisen, deren finanzielle Leistungsfähigkeit durch den Neu- 
bau oder die Hauptverbesserung von Gemeindewegen oder Kreisstraßen übermäßig belastet 
würde, zu diesem Zwecke außerordentliche Zuschüsse zu bewilligen. 
Das Gesetz enthält ferner Bestimmungen über die Baumpflanzungen und die beson- 
deren Nutzungen an öffentlichen Wegen, Benützung derselben zur Anlage von Eisenbahnen, 
zu anderen, als Verkehrszwecken (Eisenbahnübergängen, Durchlässen, Telegraphenleitungen) 
und über Bauanlagen in der Nähe öffentlicher Wege. Die Benützung öffentlicher Wege 
insbesondere zur Anlage von Eisenbahnen kann gegen den Willen der straßenbaupflichtigen 
Gemeinden oder Kreise oder sonst Betheiligten nur aus besonderen Gründen des öffent- 
lichen Interesses und unter Sicherung dieser Betheiligten gegen Schaden staatlich genehmigt 
werden. 
Im Falle der Genehmigung sind dem Unternehmer die im öffentlichen Interesse, 
1) D. Min. d. Inn. v. 17. Jan. 1885, G. u. V. Bl. Nr. II, S. 20. 
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