Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

8 9. Rechtlich bevorzugte Stellung einzelner Klassen von Staatsangehörigen im Allgemeinen. 13 
festgehalten werden, ohne über den Grund seiner Verhaftung vernommen zu sein.“ Es 
kann ferner „der Großherzog erkannte Strafen zwar mildern oder ganz nachlassen, aber 
nicht schärfen“. 
Diese Grundbestimmungen sind jetzt näher ausgeführt durch die reichsgesetzlichen 
Bestimmungen auf dem Gebiete des Strafrechtes, des Strafverfahrens und der Schuldhaft. 
2. Auch die Unverletzlichkeit des Eigenthums ist in der V.U. 8§ 13 aus- 
drücklich hervorgehoben. 
3. Ausdrücklich hervorgehoben ist ferner in der V. U. § 18 der Grundsatz der Ge- 
wissensfreiheit und in §§ 9 und 19 jener der Unabhängigkeit der staatsbürgerlichen 
und politischen Rechte von der Religions= und Konfessionseigenschaft. Diese Grundsätze 
haben durch spätere Gesetze theils des Landes, theils des Reiches ihre Ausgestaltung erhalten. 
4. Die im VI. Konstit. Edikt unter den „Vorrechten der Staatsbürgerschaft" 
hervorgehobenen Rechte des „Erwerbs marksässiger liegender Güter“, der „Treibung 
Handels und Gewerbes“, stehen jetzt theils reichsgesetzlich theils landesgesetzlich selbst den 
Reichsausländern zu!). Die dort weiter angeführten Rechte der „Ansprüche auf Staats- 
dienste“, der „Allgemeinheit des Staatsschutzes“, der „Dauer des Einwohnungsrechts“, 
„durch Heirath eine eigene Familie im Staate zu gründen“, und auf „Versorgung der 
Kinder“ sind jetzt in Folge des durch Art. 9 der Reichsverfassung begründeten Reichs- 
indigenats und der auf demselben beruhenden Reichsgesetze Gemeingut aller Reichsange- 
hörigen oder was die Unterstützung betrifft — wenigstens aller dem Wirksamkeitsbereich 
des Unterstützungswohnsitz Gesetzes Angehöriger geworden. Dem Reichsauslande gegenüber 
kann allerdings die Zugehörigkeit zu dem einzelnen, hier dem badischen Staate in der 
Pflicht des letzteren zur Uebernahme eines ausgewiesenen Staatsangehörigen zu Tage 
treten 7). 
5. Die auf der Staatsangehörigkeit beruhenden Rechte zur Theilnahme an öffent- 
lichen Angelegenheiten des Inlandes beziehen sich auf die nämlichen Verhältnisse, 
wie die oben erwähnten Pflichten: reichsrechtlich auf die Theilnahme an der Justiz- 
verwaltung in Folge der Aufnahme in die Liste der für die Aemter als Geschworene oder 
Schöffen befähigten Personen, landesrechtlich auf die Theilnahme an der Staatsverwaltung 
in Folge der rechtlichen Möglichkeit, zum Mitglied des Bezirksrathes oder Schatzungs- 
rathes ernannt zu werden, auf die Theilnahme an der Volksvertretung theils unmittelbar 
als Gewählter, theils mittelbar als wahlberechtigter Urwähler und als Wahlmann, sodann 
auf die Theilnahme an der Verwaltung und Vertretung der dem Staate eingefügten 
Körperschaften, insbesondere der Gemeinden, der Kreisverbände und der Kirchen, und selbst 
die Eingliederung in dieselben. Diese Rechte sind jetzt zum Theil auf die Angehörigen 
des Deutschen Reiches überhaupt ausgedehnt. 
Allgemeine Voraussetzungen für die Ausübung dieser auf die Theilnahme an öffent- 
lichen Angelegenheiten bezüglichen Befugnissen sind: männliches Geschlecht, zum Mindesten 
Volljährigkeit, Vollbesitz der bürgerlichen Ehrenrechte. 
§ 9. 4. Rechtlich bevorzugte Stellung einzelner Klassen von Staatsangehörigen. 
a) Im Allgemeinen. Von dem verfassungsmäßigen Grundsatze der Rechtsgleichheit der 
verschiedenen gesellschaftlichen Stände bestehen Ausnahmen insofern, als die Angehörigen 
einzelner Stände von gewissen — sehr wenigen — sonst allgemeinen staatsrechtlichen 
Pflichten befreit und ihnen neben den allgemeinen staatsbürgerlichen Rechten noch einzelne 
Ord 9#l Ges. v. 4. Juni 1864, Reg. Bl. Nr. XXVI, S. 237; R.Verf. Art. 3, Freizüg. Ges. § 1; Gew. 
rd. „13. 
2) Vorbehaltlich der weiteren Behandlung der etwaigen Unterstützungspflicht nach U. W. Ges. 8 33.
	        
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