Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

16 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. I. Kapitel. §* 11. 
desselben (dem Landerbe, Allod) rechtlich getrenntes Vermögen, dessen Früchte in das eigene 
Vermögen des Besitzers fallen. Der Letztere erscheint zwar nach Außen als wahrer Eigen- 
thümer des -Stammgutes, ist aber in diesem Eigenthum, in den Verfügungshandlungen 
durch die Verpflichtung, den Stammgutserben die Substanz des Gutes ungeschmälert zu 
erhalten, beschränkt; auf seinem Genusse ruht die Last der Abfertigung der von der Erb- 
folge ausgeschlossenen Familiengenossen; die Erbfolge in das Stammgut ist eine von der 
ordentlichen abweichende 7). 
3. Die Siegelmäßigkeit, d. h. das Recht, ausschließlich ein gewisses, durch altes 
Herkommen oder staatliche Verleihung erhaltenes Wappenzeichen zu führen und solches 
mit einem offenen Helm oder einer Adelskrone zu zieren, (nämlich je nach dem Ver- 
hältniß des Adelsranges mit einer Fürsten-, Grafen= oder Freiherrn-Krone). 
Uebrigens kann die Siegelmäßigkeit auch abgetrennt vom übrigen Adelsrechte anderen 
Staatsbürgern durch Wappenbriefe zu Theil werden, giebt aber alsdann nur eine aus- 
schließende Wappenberechtigung, nicht aber ein Recht auf jene den Adel besonders aus- 
zeichnenden Wappenzierrathen. 
Außer diesen staatlichen Rechten pflegen den Mitgliedern des Adels von Seiten des 
Staatsoberhauptes gewisse gesellschaftliche (Hof-) Vorzüge eingeräumt zu werden. Auf 
solche besteht jedoch kein Recht. 
Die unbefugte Annahme von Adelsprädikaten ist als Uebertretung strafbar?). 
Wer nur als fremd im Großherzogthum sich aufhält, ist inzwischen Adelsgenosse, 
sobald er nachweist, daß er in seinem Heimathland Adelsrechte genießt. 
Die oben bezeichneten wenigen Vorrechte vor anderen Staatsbürgern stehen allen 
Adeligen des Großherzogthums als persönliche Rechte zu, ohne Rücksicht auf deren etwaige 
Begüterung mit Grundbesitz und auf die Beschaffenheit desselben. Eine Anzahl weiterer 
Rechte aber steht den Adeligen des Großherzogthums zu, welche sich im Besitze oder Mit- 
besitze solcher Liegenschaften befinden, mit deren Besitz in früherer Zeit eine gewisse staats- 
rechtliche Herrschaft verbunden war: den Grundherren und den Standesherren#). 
§ 11. 8) Der Grundherren. 
Die Hauptrechtsquellen bezüglich der rechtlich bevorzugten Stellung der Grundherren im 
Großherzogthum bilden zur Zeit außer der Verfassungsurkunde die zwei landesherrlichen 
„Deklarationen“ vom 22. April 1824, landesherrliche Verordnungen, von welchen die erste, die 
rechtliche Stellung der früher reichsunmittelbaren Grundherren behandelnd, nach vorheriger Ver- 
einbarung mit den Letzteren erlassen worden ist. Beide sog. Deklarationen konnten jedoch von 
Anfang an, weil blos Verordnungen, insoweit keine Rechtswirksamkeit in Anspruch nehmen, als 
sie Verfügungen trafen, die nur auf dem Wege der Gesetzgebung getroffen werden konnten oder 
mit bestehenden Gesetzen in Widerspruch standen; sie mußten eben deshalb auch außerdem in 
allen denjenigen Beziehungen hinfällig werden, in denen spätere Gesetze anderweite, wenn 
auch allgemeine, Bestimmungen getroffen haben. Dies ist aber hinsichtlich einer großen Anzahl 
von Verhältnissen der Fall. Hiernach ist zur Zeit Folgendes Rechtens: 
I. Grundherren des Großherzogthums sind diejenigen Adeligen, welche 
1. zu einer Familie der früher reichsunmittelbaren Ritterschaft, oder 
2. zu einer schon vor dem Preßburger Frieden und dem rheinischen Bund 
landsässig (mittelbar) gewesenen Adelsfamilie durch Abstammung im Mannesstamm 
gehören und — sei es für sich allein, sei es in Gemeinschaft mit anderen Fa- 
miliengenossen — eine solche im Großherzogthum gelegene Liegenschaft besitzen, mit 
1) Näheres über das Stammgut s. in L. R. S. S. 577 ca], u. bei Behaghel, das bad. 
bürgerliche Recht, 3. Aufl. Tauberbischofsheim, 189 1/92. I. Bd., § 92, S. 304 ff. 
2) R. Str. G. B. § 360 Ziff. 8. 
3) Ueber die Taxen, welche für die Verleihung einer Standeserhöhung 2c. 2c. u. für die Er- 
laubniß zur Errichtung eines Stammgutes zu bezahlen find, s. Verwalt. Gebühr.Ges. § 25 Ziff. 3 u. 4.
	        
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