Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

88* 140, 150. Oeffentliche Sittlichkeit. Freiheit des religiösen Bekenntnisses. 307 
Alterthums- und Völkerkunde, sämmtlich in Karlsruhe; ferner als Behörden die beiden 
Konservatoren der inländischen Kunstdenkmale und Alterthümer. 
Die genannten Anstalten und Behörden unterstehen dem Unterrichtsministerium. 
Zur Aufbewahrung und Benützbarhaltung rechtlich oder geschichtlich wichtiger Ur- 
kunden und Akten ist das General-Landes-Archiv bestimmt, eine dem Ministerium 
des Innern unterstehende Mittelstelle. 
§ 149. VIII. Oeffentliche Sittlichkeit. Die öffentliche Sittlichkeit sucht der Staat 
durch Erlassung und Handhabung einer Reihe von polizeilichen Bestimmungen zu schützen. 
Dahin gehören u. A. jene des Pol. Str. G. B. § 72 über das Einschreiten gegen unehe- 
liches Zusammenleben, § 74 bezüglich der Verwahrung der Zuchtthieranstalten und läufigen 
Hündinnen, § 75 über das Baden in öffentlichen Wassern, 88 76 und 76 a über das Ein- 
schreiten gegen Trunkenheit und Gewohnheitstrinker, 8 77 über den Wirthshausbesuch von 
Schülern 1), § 78 über die Thierquälerei?), 8 79 über Lotterien und Ausspielungen; ferner 
die auf Grund des R.Str.G. B. erlassenen bezw. aufrecht erhaltenen Verordnungen über die 
Polizeistunde"), und insbesondere über die weltliche Feier der Sonn= und Festtage ). 
Zweiter Titel. 
Die Rirchen und kirchlichen Vereine?). 
§ 150. I. Freiheit des religiösen Bekenntnisses. Zur vollen Entwickelung der Per- 
sönlichkeit im Rechtsstaate gehört die Entwickelung des ihm innewohnenden Gottesbewußt- 
seins. Nothwendiges Mittel hierzu ist der auch äußerliche Ausdruck dieses Bewußtseins 
gegen andere Persönlichkeiten und die Vereinigung im Wesentlichen gleich denkender Per- 
sönlichkeiten zu gemeinsamem Ausdrucke ihrer religiösen Gedanken und Empfindungen und 
zu gemeinsamem Streben. 
Daher hat der Rechtsstaat die religiöse Entwickelung seiner Angehörigen so lange und 
soweit ungehemmt zu lassen, als nicht durch dieselbe in die allgemeine Staatsordnung ein- 
gegriffen oder die Harmonie der im Staate zusammengefaßten Persönlichkeiten bedroht würde. 
Innerhalb dieser Grenzen hat er die religiöse Anschauung jedes Einzelnen zu achten, 
deren äußeren Ausdruck in der gemeinsamen Gottesverehrung zuzulassen und zu schützen, 
den Genuß der bürgerlichen und die Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte von der Frage 
des religiösen Bekenntnisses getrennt zu halten. 
Diese Grundsätze sind wie im Reichsrecht — insbesondere im R.G. vom 3. Juli 1869, 
betr. die Gleichberechtigung der Konfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Bezie- 
hung — so im badischen Landesrecht anerkannt und durchgeführt und haben, abgesehen 
von den Einzelbestimmungen anderer Gesetze, ganz besonders ihren Ausdruck gefunden in 
88 18 und 19 der V. U., in den Gesetzen vom 9. Okt. 1860, die rechtliche Stellung der 
Kirchen und kirchlichen Vereine im Staate betr.“), und die Ausübung der Erziehungs- 
rechte in Bezug auf die Religion der Kinder betr.'), und vom 1. Okt. 1862, die bürger- 
liche Gleichstellung der Israeliten betr. 5. 
1) Dazu Verord. v. 7. Juli 1879, G. u. V. Bl. Nr. XXXVI, S. 548. 
2) Dazu Verord. v. 22. Okt. 1864, Reg. Bl. Nr. LXIII, S. 786. 
3) V. 22. Okt. 1864, Reg.Bl. Nr. LXII, S. 785. 
4) Ldh. Verord. v. 18. Juni 1892, G. u. V. Bl. Nr. XVII, S. 287. 
5) Spohn, G., Badisches Staatskirchenrecht, Karlsruhe 1868; derselbe, Kirchenrecht der 
vereinigten evang.-prot. Kirche im Großherzogthum Baden, Karlsruhe 1871 u. 1875. Heiner, F. X., 
Die Gesetze, die kathol. Kirche betr. (in Rofin's Handbibl. bad. Gesetze), Freiburg i. Br. 1890. 
6) Reg. Bl. Nr. LI, S. 375, abg. 19. Febr. 1874, G. u. B. Bl. Nr. IX, S. 93; 5. März 1880, 
G. u. V. Bl. Nr. IX, S. 48, u. 5. Juli 1888, G. u. V. Bl. Nr. XXVI, S. 327. 
7) Reg. Bl. Nr. LI, S. 880. 
8) Reg. Bl. Nr. XLVIII, S. 450. 
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