322 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. § 154.
bei beiderseitigem Einverständniß, die Kirchengemeindevertretung mit der Wirkung für auf-
gelöst erklären, daß bis auf Weiteres deren Neubildung zu unterbleiben hat.
II. Steuerpflicht und Steuerfuß.
Die Summen, welche für örtliche kirchliche Bedürfnisse durch kirchliche Steuern auf-
zubringen sind, werden umgelegt auf die Grund-, Häuser-, Gefäll-, Gewerb= und Kapital-
rentensteuerkapitalien, sowie die Einkommensteueranschläge, mit welchen die dem Bekennt-
nisse der Kirchengemeinde angehörenden Kirchspielseinwohner in den ganz oder theilweise
zum Kirchspiel gehörigen Gemarkungen nach dem Gemeindesteuerkataster für dasjenige Jahr,
für welches die Kirchensteuer erhoben wird, veranlagt sind oder — soweit Gemeinde-
umlagen nicht erhoben werden — zu veranlagen wären.
Der Betrag der hiernach zu erhebenden Kirchensteuer darf für ein Kalenderjahr
fünf Pfennig auf hundert Mark Gemeindesteuerkapital nicht übersteigen. Eine Ueber-
schreitung der im vorhergehenden Satz bestimmten Grenze ist nur mit Genehmigung der
obersten Staatsbehörde statthaft. Diese Genehmigung kann zum Voraus für soviel Jahre
ertheilt werden, als die Ueberschreitung voraussichtlich nothwendig ist.
Bei der Umlegung der durch Kirchensteuer aufzubringenden Kosten für Pfarrkirchen-
und Pfarrhausbauten können zu den eben bezeichneten Steuerkapitalien und Einkommen-
steueranschlägen, und müssen, wenn die Umlage 5 Pfennig auf 100 Mark Gemeinde-
steuerkapital für ein Kalenderjahr übersteigt, noch beigezogen werden gewisse weitere Steuer-
kapitalien und Einkommensteueranschläge (Ausmärker, juristische Personen 2c.).
Durch den Austritt aus der Kirche erlischt die Steuerpflicht erst mit dem Ablaufe
des zweiten auf das Jahr des Austritts folgenden Kalenderjahres, sofern der Ausgetretene
nicht auf einen früheren Zeitpunkt einer Kirchengemeinde anderen Bekenntnisses kirchliche
Steuern zu entrichten schuldig wird. Die Erklärung des Austritts aus einer Kirche muß,
um bürgerliche Wirkung zu haben, von dem Austretenden vor der Bezirksverwaltungs-
behörde seines Wohnortes abgegeben werden, und zwar, wenn derselbe das 16. Lebensjahr
zurückgelegt hat, in Person. Für Personen unter 16 Jahren kann die Erklärung des Aus-
tritts von denjenigen abgegeben werden, welche deren religiöse Erziehung zu ändern be-
rechtigt sind. Die Austrittserklörung ist hinsichtlich der kirchlichen Steuerpflicht unwirksam,
wenn nach Abgabe derselben die Einrichtungen der Kirche, welcher der Betreffende bis dahin
angehörte, durch diesen selbst oder durch Personen, deren religiöse Erziehung derselbe zu
ändern berechtigt ist, weiter benützt werden.
III. Das Verfahren zur Feststellung und Erhebung kirchlicher Steuern
ist eingehend geregelt.
Der Beschlußfassung Seitens der Kirchengemeindeversammlung bezw. Gemeinde-
vertretung hat die Aufstellung eines Voranschlages vorauszugehen.
Die Ertheilung der Staatsgenehmigung zu dem die Steuer (Umlage)g festsetzenden
Beschluß der Kirchengemeinde bezw. Gemeindevertretung steht der Bezirksverwaltungsbehörde
zu. Gegen den Beschluß des Bezirksraths, welcher die Staatsgenehmigung versagt oder
dieselbe nur mit Beschränkungen ertheilt hat, kann sowohl die das örtliche Kirchenvermögen
verwaltende, als die ihr vorgesetzte Aufsichtsbehörde oder die obere Kirchenbehörde den
Rekurs ergreifen. Gegen die Ertheilung der Genehmigung steht ein Rekursrecht der Be-
hörde jeder politischen Gemeinde zu, welche ganz oder theilweise mit ihrer Gemarkung
zum Kirchspiel gehört. Die einzelnen Steuerpflichtigen können — vorbehaltlich der ver-
waltungsgerichtlichen Entscheidung über ihre Beiträge — gegen die ertheilte Genehmigung nur
insoweit rekurriren, als die Beschwerde dahin geht, daß die umzulegende Summe nicht
nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes auf die Steuerpflichtigen vertheilt sei.
Eine besondere, der Staatsgenehmigung unterliegende Beschlußfassung einer Kirchen-