Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

334 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. 8 158. 
werden alle volljährigen Katholiken männlichen Geschlechts gerechnet, welche in dem Kirch- 
spiel beziehungsweise der Gemeinde ihren dauernden Aufenthalt haben und im Besitze der 
bürgerlichen Ehrenrechte sind . 
Nach der staatlichen Anerkennung einer solchen kirchlich konstituirten Gemeinschaft 
werden die Verhältnisse derselben im Verwaltungswege bis auf Weiteres im Sinne einer 
Mitbenützung von Kirche und kirchlichen Geräthschaften, Ueberweisung der Pfründe oder 
einer derselben, Theilung des Genusses des Kirchenvermögens — je nach der thatsächlichen 
Lage — geordnet. 
Auch in den Gesetzen über die kirchliche Besteuerung ist den besonderen Verhältnissen 
der Altkatholiken Rechnung getragen?). 
§l 158. dh Rechtliche Verhältnisse der israelitischen Religionsgemeinschaft. I. All- 
gemeines?). „Die Judenschaft des Großherzogthums bildet einen eigenen konstitutions- 
mäßig ausgenommenen Religionstheil, der gleich den übrigen unter seinem eigenen an- 
gemessenen Kirchenregiment steht“, d. h. die Gesammtheit der badischen Staatsangehörigen 
jüdischer Religion bildet eine vom Staate nicht bloß anerkannte, sondern auch ihm organisch 
eingeordnete Religionsgenossenschaft mit als öffentlich anerkannten Zwecken und als öffent- 
lich anerkannter Obrigkeit, somit eine Kirche mit dem Rechtscharakter einer öffentlichen 
Korporation. 
Alle rechtlichen Folgerungen aus diesem Rechtscharakter, welche oben bei der Dar- 
stellung der Rechtsverhältnisse der beiden christlichen Kirchen gezogen wurden, finden auch 
hier Anwendung, soweit sich nicht aus dem Nachstehenden Abweichungen ergeben. Ins- 
besondere kommt der israelitischen Religionsgemeinschaft das Recht des öffentlichen Gottes- 
dienstes sowie Berücksichtigung ihres Religionsunterrichtes in den öffentlichen Schulen zu. 
Der Grundsatz der Freiheit und Selbständigkeit in Ordnung und Verwaltung der kirch- 
lichen Angelegenheiten ist für die israelitische Kirche nur in beschränktem Maße anerkannt. 
Die Verfassung sowohl als wesentliche Theile des Verwaltungsrechtes der israeliti- 
schen Kirche sind vielmehr durch staatliche Gesetze und Verordnungen festgestellt. Die Ver- 
waltung selbst geschieht zwar durch eigene kirchliche Behörden nach ihrem Ermessen und 
mit ihrer Verantwortlichkeit, aber unter vielfacher Einwirkung und, was die oberste Kirchen- 
behörde betrifft, Mitwirkung staatlicher Behörden. 
II. Verfassung der israelitischen Kirche des Landes. 
1. Mitglied der israelitischen Kirche des Landes ist jeder badische Staatsangehörige 
mosaischen Glaubensbekenntnisses, sofern er nicht seine Nichtzugehörigkeit zur israelitischen 
Kirche des Landes erklärt hat“). 
2. Die Gesammtheit der Judenschaft des Landes theilt sich in eigene kirchliche Orts- 
1) Die erfolgte kirchliche Konstituirung ist durch ein Zeugniß des Bischofs der Altkatholiken 
nachzuweisen. § 1 der Vollz.Verord. 
2) Oertl. Kirch. St.G. Art. 1, Abs. 2; allg. Kirch. St. G. Art. 1, Abs. 3. 
3) Höchstes Edikt v. 13. Jan. 1809, Reg. Bl. Nr. VI, S. 29; v. 4. Mai 1812, die nähere 
Bestimmung des jüd. Kirchenregiments betr., Reg. Bl. Nr. XIX, S. 102; Verord. d. Staatsmin., verk. 
v. Min. d. Inn. 5. März 1827, die Aufhebung der Provinz-Synagogen und nähere Bestimmung des 
Wirkungskreises und der Geschäftsbehandlung des israel. Oberraths betr., Reg. Bl. 1827, Nr. VIII, 
S. 67; Verord. d. Min. d. Inn. v. 13. März 1827, die Eintheilung der israel. Gemeinden des Groß- 
herzogthums in Rabbinats= oder Synagogenbezirke betr., Reg. Bl. Nr. X, S. 84; ldh. Verord. v. 15. Mai 
1833 über die Bildung der Synagogenräthe in den israel. Gemeinden, Reg. Bl. Nr. XXIV, S. 131. 
Siehe Verord. Bl. d. großh. Oberraths der Israeliten, 1884 ff., und als Beilage zum Jahrgang 1885: 
Mayer, Dr. D., Zusammenstellung noch in Geltung befindlicher älterer Gesetze 2c. 
4) Eine bestimmte Form dieser Erklärung war bis zum Eintritt der Wirksamkeit des Gesetzes 
über die Besteuerung für allgemeine kirchliche Bedürfnisse (s. u.), nicht vorgeschrieben, soweit nicht 
besondere, staatlich genehmigte Ortsstatuten eine solche Vorschrift enthielten. Vergl. Rechtsprechung 
1070—1077. 
Seitdem ist auch für die Israeliten Art. 18 d. Ges. üb. d. örtl. Kirchensteuer maßgebend.
	        
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