Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

336 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. 8 158. 
liten übergeordnet. Er besteht, am Sitze der großherzoglichen Regierung, aus weltlichen 
und geistlichen Mitgliedern (Israeliten). Sie werden auf Vorschlag des Oberrathes durch 
den Großherzog ernannt. Den Vorsitz im Oberrathe führt ein Mitglied des Kultusmini- 
steriums als landesherrlicher Kommissär. Er ist sowohl mit der Wahrung der staatlichen 
Rechte über die jüdische Kirche, als mit der Leitung des Geschäftsganges beauftragt; er 
unterzeichnet alle Ausfertigungen der vom Oberrath gefaßten Beschlüsse. 
Die Geschäfte des Oberrathes werden in zwei „Konferenzen“ erledigt: 
a) Administrationskonferenz, d. h. Konferenz für die Administration der weltlichen 
Angelegenheiten der israelitischen Religionsgemeinschaft; 
b) Religionskonferenz. In ihren Geschäftskreis gehören die Religionsangelegenheiten 
im engeren Sinne. 
Die weltlichen Mitglieder des Oberrathes, einschließlich des landesherrlichen Kom— 
missärs haben in dieser Konferenz nur berathende Stimmen. 
Der landesherrliche Kommissär kann jedoch bei Meinungsverschiedenheiten die Streit- 
frage vor eine zu versammelnde Synode bringen oder die Verhandlungen vertagen und, 
wo die Entscheidung mit der Staatsverfassung und den Staatsgesetzen als unvereinbar von 
ihm erkannt wird, die Erlassung derselben suspendiren. 
5. Als Organ der kirchlichen Gesammtheit der Israeliten des Großherzogthums 
wird neben dem Oberrath eine Synode gebildet. Deren Zusammensetzung und Funktionen, 
die Wahlordnung sind, nachdem durch ldh. Verord. v. 27. Febr. 18941) das Gesetz über 
die Besteuerung für allgemeine kirchliche Bedürfnisse für die israelitische Religionsgemein- 
schaft mit Wirkung vom 15. Jan. 1894 in Vollzug gesetzt worden ist, durch eine landes- 
herrlich am 27. Febr. 1894 genehmigte Synodalordnung geregelt worden?). 
Die Synode besteht aus fünf geistlichen und zwanzig weltlichen Abgeordneten, welche 
sämmtlich aus Wahlen hervorgehen; sie wird alle drei Jahre, mit jeweiliger Neuwahl, einbe- 
rufen, beräth und beschließt über Gegenstände des israelitischen kirchlichen Lebens, wie über die 
wirthschaftlichen Angelegenheiten, insbesondere die Besteuerung zu allgemeinen kirchlichen 
Zwecken. Ihre Beschlüsse bedürfen der Zustimmung des Oberrathes. Sie wählt vor ihrem 
Schlusse einen aus vier Mitgliedern bestehenden Synodalausschuß, der an gewissen Be- 
rathungen und Entschließungen des Oberrathes Theil zu nehmen hat. 
III. Verwaltungsrechtssätze. Die Bedürfnisse der israelitischen Religionsgemein- 
schaft, insbesondere die allgemeinen, sind aus deren eigenen Mitteln, nöthigenfalls durch 
Besteuerung ihrer Angehörigen, zu bestreiten. Der Staat gibt jedoch zu den allgemeinen 
Bedürfnissen einen kleinen ordentlichen, und zur Aufbesserung gering besoldeten Rabbiner, 
einen außerordentlichen Beitrag. 
1. Die allgemeinen Bedürfnisse werden, soweit die Erträgnisse aus Stiftungen nicht 
zureichen, seit Einführung der allgemeinen Kirchensteuer durch diese aufgebracht. 
2. Die Bezirksbedürfnisse werden auf die einzelnen Ortsgemeinden des Bezirks um- 
gelegt und in diesen gleich den übrigen Ortsgemeindebedürfnissen aufgebracht. Als Be- 
zirksbedürfniß gilt insbesondere der Gehalt des Bezirksrabbiners; dessen Wohnung ist von 
der Gemeinde des Rabbinatswohnsitzes zu stellen. 
3. Alle örtlichen Bedürfnisse werden von den Ortsgemeinden durch Auflegung auf 
ihre beitragspflichtigen Mitglieder bestritten ). 
1) G. u. V. Bl. Nr. XII, S. 47. 
2) Verord. Bl. d. Oberr. 1894, Nr. III, S. 13. Die Geschäftsordnung s. das. Nr. V, S. 42. 
3) Verord. d. Min. d. Inn. v. 30. Jan. 1849 (in d. Kreis-Verord. Bl.); d. Min. d. Justiz 2c. 
P. n Stt. 1883, Verord. Bl. d. Oberr. 1884, Nr. I, S. 2; v. 17. Jan. 1886, angef. Verord. Bl. 
r. I, S. 1.
	        
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