340 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. VI. Kapitel. § 161.
Ueber die Inanspruchnahme von Truppen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ord-
nung f. o. 8 110.
Die Aufstellung von Wachen und Wachtposten, außer bei den dem Militär ein-
geräumten Etablissements und im unmittelbaren Dienst der Truppenabtheilungen, die Ab-
haltung von Paraden, Uebungen und Aufstellung von Truppen außerhalb der dem Militär
dazu eingeräumten Uebungsplätze und Schießstände, auf öffentlichen Straßen, Plätzen und
Anlagen ist durch die vorgängige allgemeine oder besondere Zustimmung der Civilbehörde
bedingt.
Offiziere, Mannschaften, Aerzte und Militärbeamte der im Großherzogthum garni-
sonirenden Truppenabtheilungen sind daselbst den badischen Gesetzen und Rechtsnormen,
sowie den badischen Behörden und Gerichten unterworfen, soweit nicht die preußischen
Militärgesetze oder die Konvention besondere Ausnahmen bestimmen.
Die Militärgerichtsbarkeit wird von den Militärgerichtsherren ausgeübt; die
Bestätigung der von Militärgerichten ergangenen Erkenntnisse erfolgt auf militärischem In-
stanzenwege. Das Begnadigungsrecht steht dem Könige von Preußen als Bundesfeldherrn
zu, jedoch werden Wünsche des Großherzogs in dieser Richtung, badische Unterthanen be-
treffend, thunlichste Berücksichtigung finden.
Die persönlichen Verhältnisse der dem Großherzogthum nicht angehörigen Per-
sonen, welche bei den im Großherzogthum garnisonirenden Truppen dienen, sammt deren
Familien, werden durch die Verlegung ihres Domizils in das Großherzogthum nicht ver-
ändert, vielmehr bleiben jene Personen in ihrem bisherigen Unterthanenverhältniß.
Nach dieser Konvention hat Baden keine eigene Militärverwaltung. Nur insoweit
hat in Militärsachen eine badische Verwaltungsbehörde in Thätigkeit zu treten, als es sich
um Geschäfte der Eivilverwaltung handelt.
Ueber die Wehrpflicht und deren Erfüllung, die Unterstützung von Familien der
einberufenen Mannschaften, die Civilversorgung von Militärpersonen, die Naturalleistungen,
Quartierleistung, Kriegsleistungen sind eine Reihe von reichsrechtlichen Bestimmungen er-
gangen.
Bezüglich ihres Vollzuges in Baden ist Folgendes zu bemerken:
Das Großherzogthum Baden bildet einen Theil des Ersatzbezirkes des XIV. Armee-
korps!).
Jeder Amtsbezirk bildet einen Aushebungsbezirk.
Als oberste Civilverwaltungsbehörde fungirt das Ministerium des Innern, Ersatz-
behörde dritter Instanz ist der kommandirende General des XIV. Armeekorps mit einem
Beauftragten des Ministeriums des Innern, Oberersatzkommission der Infanteriebrigade-
kommandeur mit dem Landeskommissär, Ersatzkommission der Landwehrbezirkskommandeur
mit einem Beamten des Bezirksamts. Die bürgerlichen Mitglieder der verstärkten Ersatz-
und Oberersatzkommission werden durch das Ministerium des Innern aus der Zahl der
Bezirksräthe ernannt.
Die Führung der Stammrollen und das Verfahren bei Gesuchen um Zurückstellung
ist des Näheren durch eine Ministerialverordnung geregelt ).
Zur Verbescheidung der Gesuche um Ertheilung der Berechtigung zum einjährig-frei-
willigen Dienst und zur Abnahme der Prüfung besteht eine Prüfungskommission im Sinne
des § 92 der Wehrordnung, deren Civilmitglieder durch das Ministerium des Innern er-
nannt werden.
1) S. Wehr Ordn. v. 22. Nov. 1888 mit Aenderungen in Beil. z. G. u. V. Bl. 1894, Nr. XIVIII,
vgl. mit Mil. Konv. Art. 9.
2) V. 13. Dez. 1888, G. u. V. Bl. Nr. XIL VIII, S. 661.