812. Rechtsvorzüge der Standesherren. 21
Nur den Standesherren im engeren Sinne kommen alle standesherrlichen Vorrechte
zu, solchen im weiteren Sinne nur gewisse persönliche Vorzüge.
Die im engeren Sinne standesherrlichen Familien des Großherzogthums, sind die der
Fürsten von Fürstenberg,
Fürsten zu Leiningen,
Fürsten von der Leyen,
Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg,
Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Freudenberg,
Grafen von Leiningen-Billigheim,
Grafen von Leiningen-Neudenau.
Im weiteren Sinne standesherrliche Familie ist die der
Fürsten von Salm-Reifferscheidt-Krautheim.
Der derzeitige Rechtszustand ist im Wesentlichen folgender:
A. Staatsrechtliche Verhältnisse im llgemeinen.
1. Der besondere Rechtszustand der Standesherrschaften, soweit er sich nicht auf
die Personen bezieht, erstreckt sich auf diejenigen ihrer Besitzungen, welche ehemals zum
deutschen Reichs= und Kreisverbande mit Viril= oder Kuriatstimmen gehört haben und
jetzt der Großh. badischen Landeshoheit unterworfen sind. Sie üben die ihnen darnach
zustehenden Rechte in allen jenen Besitzungen aus, in welchen sie solche zur Zeit der
Mediatisirung bereits hergebracht hatten7.
2. Die Standesherrschaften sind überall, wo durch die Deklarationen oder Gesetze
nicht namentlich und ausdrücklich eine Ausnahme festgesetzt ist, zu den gleichen Ansprüchen
wie alle anderen Staatsangehörigen berechtigt und zu den gleichen Pflichten verbunden ?.
3. Sie üben die ihnen ertheilten Vorrechte und Befugnisse nach Maßgabe der
Deklarationen und der Landes= und Reichsgesetze unter Oberaufsicht der Staatsgewalt aus?).
vertrag an den bad. Staat, (Domänenfiskus) übergegangen war, durch Verord. v. 27. März 1839,
Reg.Bl. Nr. X, S. 83.
3. Bezüglich der Gräflich Leiningen'schen Standesherrschaften durch Verord. v. 2. März 1826,
Reg.Bl. Nr. VII, S. 39. Diese wurde, nachdem ein provisor. Ges. v. 9. Juni 1859, Reg. Bl. Nr. XXXII,
S. 221, über Wiedereinsetzung des Grafen von Leiningen-Neudenau in mehrere ihm nach 1826 durch
die Gesetzgebung entzogene Befugnisse wieder beseitigt worden war (s. Reg. Bl. 1860 Nr. LIX, S. 435),
durch zwei Vereinbarungen von 1865, (s. Bekanntm. d. Gr. Justiz Min. v. 6. Juli 1865, Reg. Bl.
Nr. XI, S. 529 u. 531, wesentlich abgeändert.
4. Bezüglich der Fürstl. von der Leyen'schen Standesherrschaft (Grafschaft Hohengeroldsseck),
welche durch den Frankfurter Teritorialreceß vom 20. Juli 1819 Art, VIII. von österreichischer
unter badische Herrschaft gekommen war, durch Verord. v. 7. Okt. 1830, Reg.Bl. Nr. XII, S. 135.
5. Bezüglich der Fürstl. Löwenstein-Wertheim'schen Standesherrschaft durch Verord. v. 14. März
1838, Reg. Bl. Nr. XI, S. 47, und, da dieselbe nicht in Vollzug trat, durch (vereinbarte) Verord.
v. 14. Jan. 1855, Reg. Vl. Nr. II, S. 13.
6. Bezüglich der Fürstl. Leiningen'schen Standesherrschaft durch Verord. v. 22. Mai 1833,
Reg. Bl. Nr. XXV, S. 135, und, da diese nicht in Vollzug trat, durch (vereinbarte) Verord. v. 30. Juli
1840, Reg Bl. Nr. XXV, S. 177; sodann durch d. Gesetz v. 24. Febr. 1849, Reg. Bl. Nr. IX, S. 120,
(bezüglich der Patronatsrechte das angef. Ges. v. 9. Okt. 1860) u. die Vereinbarung v. 24. März,
bezw. 11. Okt. 1864 (Bekanntm. d. Justiz Min. v. 1. Mai 1865, Reg. Bl. Nr. XXII, S. 233).
Auf dem Landtage von 1831 wurde von der Zweiten Kammer die Rechtsgiltigkeit der bis dahin
erlassenen Deklarationen, weil fie nicht auf verfassungsmäßigem Wege entstanden seien, nicht aner-
kannt. Später wurde jedoch diese Frage, was die Standesherren betrifft, nicht weiter verfolgt. Jedoch
hat bezüglich einzelner Punkte die Landesgesetzgebung sowohl, als in neuester Zeit die Reichsgesetzgebung
Aenderungen bewirkt.
1) § 1 aller Deklarationen. Bei der v. d. Leyen'schen Standesherrschafterstreckt sich dieser Rechts-
zustand über alle ihre zur Grafschaft Hohengeroldseck gehörenden Besitzungen, welche durch den mit
dem Kaiserhaus Oesterreich i. J. 1819 geschlossenen Staatsvertrag unter badische Souveränetät
gekommen sind.
2) § 2 aller Deklarationen.
3) Dekl. Fürstenberg, v. d. Leyen, Graf Leiningen § 2, sonst § 3. Den Fürsten von Löwenstein