Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

46 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. II. Kapitel. 88 26, 27. 
2. Mitwirkung bei der Aufstellung des Gemeindevoranschlags, sowie die Benach- 
richtigung von Ortsbereisungen; 
3. die nutzbaren Rechte; 
4. den Kirchen gegenüber das Pfarrpatronatsrecht; 
5. die Befugniß zur Ernennung des zur Verwaltung ihres Vermögens erforderlichen 
Personals. 
In allen diesen Beziehungen gelten die nämlichen Grundsätze, wie in § 12 bezüglich 
der Standesherren dargestellt. 
Alle Mitglieder des großherzoglichen Hauses sind der Familiengewalt und Aussicht 
des Großherzogs unterworfen und haben sich denjenigen Anordnungen zu fügen, welche er 
im Interesse der Wohlfahrt des großherzoglichen Hauses für nothwendig hält. Als Aus- 
flüsse dieser Familiengewalt haben theils Landes= und Hausgesetze, theils landesherrliche 
Verordnungen und das Familienherkommen des großherzoglichen Hauses Folgendes festgestellt: 
1. Ihm steht die Obervormundschaft über die minderjährigen Prinzen und Prinzes- 
sinnen des großherzoglichen Hauses zu. 
2. Mitglieder des großherzoglichen Hauses bedürfen zu ihrer Vermählung der Ein- 
willigung des Großherzogs (s. o.). 
3. Mitglieder des großherzoglichen Hauses bedürfen zu dauerndem Aufenthalt außer- 
halb des Großherzogthums der Bewilliguug des Großherzogs ?. 
4. Der Großherzog bestimmt innerhalb der durch das Apanagengesetz bezeichneten 
Grenzen die Größe der zur Bestreitung der Unterhaltungs= und Erziehungskosten eltern- 
loser noch minderjähriger Kinder apanagirter Prinzen zu entrichtenden Sustentationen, 
sowie der neben dem Wittum einer dem großherzoglichen Hause angehörigen Wittwe etwa 
zu leistenden Erziehungsbeiträge (s. o.). 
5. Er ernennt den Hofstaat der Mitglieder des großherzoglichen Hauses, soweit der- 
selbe aus Hoschargen besteht. 
§ 26. F. Rechtsstellung des Großherzogs in höchstpersönlichen Sachen. Hinsichtlich 
des Personenstandes des Großherzogs gelten die allgemeinen reichs= und landesrechtlichen 
Bestimmungen, soweit nicht durch die im großherzoglichen Hause beobachtete Observanz 
Ausnahmen begründet sind. Solche Ausnahmen bestehen insbesondere 
a) bezüglich des Volljährigkeitsalters. Der Großherzog wird mit zurückgelegtem 
18. Lebensjahre volljährig?); 
b) theilweise bezüglich der Standesbeamtung (s. o.); 
I) bezüglich etwaiger Vormundschaft über einen minderjährigen Großherzog; 
c) bezüglich der Einwilligung zur Vermählung. Einer solchen bedarf der Großherzog, 
weil selbst Haupt des großherzoglichen Hauses, auch nicht Seitens seiner etwa verwittweten 
Mutter. 
§ 27. G. Verhältniß Badens zum Deutschen Reiche. Die Souveränetät des Groß- 
herzogthums Baden und seines Fürsten ist beschränkt durch das Verhältniß Badens zum 
Deutschen Reiche. 
Nachdem am 14. Juni 1866 Preußen seinen Austritt aus dem Deutschen Bunde 
erklärt hatte, war am 2. August 1866 Baden diesem Beispiele gefolgt. Im Nikolsburger 
Frieden vom 26. Juli 1866 erkannte Oesterreich „die Auflösung des bisherigen Deutschen 
Bundes an und gab seine Zustimmung zu einer neuen Gestaltung Deutschlands ohne Be- 
theiligung des österreichischen Kaiserstaates“. Im Berliner Frieden vom 17. August 18667) 
1) Arg. Apan.Ges. 8§ 13, 24. 
2) Arg. Apan. Ges. § 5, u. d. Komm.’Ber. dazu. 
3) Reg. Bl. 1866, Nr. XILIX, S. 328.
	        
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