827. Verhältniß Badens zum Deutschen Reiche. 47
trat Baden dieser Bestimmung bei; am 24. August 1866 erklärte der Deutsche Bundes-
tag selbst den Bund für aufgelöst, Preußen und die Norddeutschen Staaten schlossen sich
zum Norddeutschen Bunde zusammen, die süddeutschen Staaten, darunter Baden, waren
gleichzeitig mit den Friedensverträgen mit Preußen in ein Schutz= und Trutzbündniß ein-
getreten. Der Zollvereinsvertrag wurde am 4. Juni bezw. 8. Juli 1867 erneuert!).
Durch den Vertrag von Versailles vom 15. Nov. 18702) ist Baden dem Nord-
deutschen Bunde beigetreten, aus welchem Bündniß in Folge des fast gleichzeitigen Bei-
trittes der Staaten Bayern und Württemberg das Deutsche Reich hervorgegangen ist. Das-
selbe ist „ein ewiger Bund“, geschlossen „zum Schutze des Bundesgebietes und des innerhalb
desselben giltigen Rechtes, sowie zur Pflege der Wohlfahrt des Deutschen Volkes“.
Innerhalb des Bundesgebietes übt das Reich hinsichtlich einer Anzahl von, in der
Reichsverfassung näher bezeichneten, Angelegenheiten das Recht der Gesetzgebung aus, und
zwar mit der Wirkung, daß die Reichsgesetze den Landesgesetzen vorgehen. Hinsichtlich der
nämlichen Angelegenheiten übt das Reich das Recht der Beaufsichtigung. Bezüglich ein-
zelner derselben geschieht sogar die Vollziehung unmittelbar durch Reichsbehörden. Außer-
dem hat das Reich in anderen Angelegenheiten einzelne bestimmte Rechtsgrundsätze auf-
gestellt, welche durch die Landesgesetze nicht verletzt werden dürfen.
Bezüglich dieser Angelegenheiten steht auch innerhalb des badischen Staatsgebietes
der badischen Staatsgewalt das Recht der Gesetzgebung nur insoweit und insolange zu,
als nicht Reichsgesetze bestehen, und darf auch innerhalb des der Landesgesetzgebung frei-
gelassenen Rahmens deren Inhalt nie dem der Reichsgesetzgebung widersprechen. Das
solcher etwa Widersprechende hätte keine Rechtswirkung.
Die Vollziehung steht, soweit nicht Reichsgesetze etwas Anderes bestimmen, was vielfach
der Fall ist, auch hinsichtlich der oben bezeichneten Angelegenheiten der Landesstaatsgewalt
zu. Das Nähere wird sich bei der Einzeldarstellung der Vollziehung zeigen und gehört
im Uebrigen in das Reichsstaatsrecht.
Der Einwirkung Seitens des Reiches unterliegt ferner die badische Staatsgewalt
1. im Verhältniß nach Innen: a) im Falle von Verfassungsstreitigkeiten; b) im
Falle der Justizverweigerung.
2. Im Verhältniß nach Außen — zu anderen deutschen Staaten — ist jede Selbst-
hilfe auf nichtfriedlichem Wege durch das Bundesverhältniß ausgeschlossen. Streitigkeiten
zwischen verschiedenen Bundesstaaten, sofern dieselben nicht privatrechtlicher Natur und
daher von den kompetenten Gerichtsbehörden zu erledigen sind, werden auf Anrufen des
einen Theils von dem Bundesrathe erledigt.
Im Verhältniß zum Reiche selbst: Zur Erfüllung der verfassungsmäßigen Bundes-
pflichten könnte der badische Staat im Wege der Exekution angehalten werden. Sie wäre
vom Bundesrathe zu beschließen und vom Kaiser zu vollstrecken.
Bezüglich des Militärwesens insbesondere besteht zwischen Baden und Preußen eine,
unterm 25. Nov. 1870 abgeschlossene, Militärkonvention. Näheres hierüber s. u.
Diesen Beschränkungen gegenüber ist anderseits der Wirkungskreis der badischen
Staatsgewalt auch erweitert durch die Theilnahme derselben an der Gesetzgebung und
Vollziehung des Deutschen Reiches.
Im Bundesrathe führt Baden drei Stimmen und kann ebensoviele Bevollmächtigte
zum Bundesrathe ernennen.
Durch diese nimmt es Theil an den Beschlüssen des Bundesrathes.
Die Ernennung dieser Bevollmächtigten geschieht durch den Großherzog unter Ver-
1) Reg.Bl. 1867, Nr. LI, S. 467.
2) G. u. V. Bl. 1870, Nr. LXXII, S. 711.