Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

56 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. III. Kapitel. 831. 
Die Wahl geschieht durch Abgabe von Stimmzetteln, welche der Wahlkommissär 
mit fortlaufenden Nummern und Umschlägen versehen und unter die Wahlmänner vertheilt 
hat und auf welche die Wahlmänner ihren Vorschlag geschrieben haben oder durch andere 
Wahlmänner haben schreiben lassen. Die Wahlmänner geben diese Stimmzettel ohne 
Umschlag auf Aufruf ihres Namens ab. Die Stimmzettel werden sofort in eine Urne 
gelegt, gemischt, darauf einzeln aus der Urne genommen, die Vorschläge mit den Nummern 
verlesen und in das Protokoll, sowie in eine Gegenliste eingetragen 1). Ergibt sich bei 
der ersten Abstimmung keine absolute Mehrheit, so entscheidet in dem Falle, wenn nur 
zwei Personen vorgeschlagen wurden, deren jede die Hälfte der Stimmen aller anwesenden 
Wahlmänner erhielt, das Loos, welches sofort gezogen wird; andernfalls wird eine zweite 
Abstimmung vorgenommen, wobei nur zwischen denjenigen gewählt werden darf, welche die 
drei höchsten Stimmzahlen erhalten haben. Ergibt sich auch hier keine absolute Stimmen- 
mehrheit oder zur Loosziehung berechtigende Stimmengleichheit, so wird eine dritte Ab- 
stimmung vorgenommen, bei welcher nur zwischen denjenigen gewählt werden darf, welche 
die zwei höchsten Stimmenzahlen erhalten haben, und relative Stimmenmehrheit und bei 
Stimmengleichheit das Loos entscheidet 7. 
Eine Verpflichtung zur Annahme der Wahl zum Abgeordneten besteht nicht. Wer 
in mehr als einem Wahlbezirke gewählt ist, dessen Entschließung steht es frei, in welchem 
er die Wahl annehmen will?). Dem einmal Gewählten, der die Wahl angenommen hat, 
bleibt die Eigenschaft als Abgeordneter, wenn er bei einer Erneuerungswahl gewählt 
worden, regelmäßig während zweier Budgetperioden (während 4 Jahren) oder — sofern 
die Neuwahl durch Auflösung der Kammer veranlaßt war und ihn das Loos in die erste 
Hälfte der Austretenden bestimmt hat — während einer Budgetperiode (während 2 Jahren) 
(s. u. § 32). War er in einer Ersatzwahl gewählt, so tritt er mit dem Zeitpunkte aus, 
an welchem der Abgeordnete, für den er gewählt worden ist, auszutreten gehabt hätte. 
Vor dieser Zeit wird die Eigenschaft eines Abgeordneten verloren: 
a) durch Auflösung der Ständeversammlung; 
b) durch freiwilligen Austritt; 
J) durch Annahme eines besoldeten Staatsamtes oder Eintritt in ein Amt im Staats- 
dienste, mit welchem ein höherer Rang oder ein höherer Gehalt verbunden ist?); 
600 durch Verlust einer der nothwendigen Voraussetzungen der Wählbarkeit. 
1) A. a. O. § 58—64. Stimmzettel, die unleserlich geschrieben find, oder welche die Person 
des Gewählten nicht hinlänglich bezeichnen, werden von der Wahlkommission für beanstandet erklärt. 
Der beanstandete Stimmzettel wird bei Berechnung der Majorität mitgezählt. Wahlmänner, welche 
erst erscheinen, nachdem die Sammlung der Stimmzettel begonnen hat, können keinen Stimmzettel 
für den im Lauf befindlichen Wahlgang abgeben und werden für denselben wie Nichterschienene behandelt. 
2) A. a. O. 8§ 65—68. Nach beendeter Wahlhandlung ist den Anwesenden das Wahlergebniß zu er- 
öffnen, das Protokoll zu schließen und von der Wahlkommission zu unterzeichnen. Die Wahlzettel werden 
sofort vernichtet mit Ausnahme der beanstandeten, die dem Protokoll beigeschlossen werden. Der landes- 
herrliche Kommissär hat die erforderliche Bescheinigung über die gesetzlichen Eigenschaften des ernannten 
Abgeordneten zu erheben. Besitzt der Gewählte die gesetzlichen Eigenschaften nicht, so hat ihm der 
Kommissär dies zu eröffnen und seine Erklärung darüber zu vernehmen. Wenn der ernannte Ab- 
geordnete den Mangel der Wählbarkeit zugesteht, so wie in dem Falle, daß dies zwar nicht geschieht, 
der Kommissär aber die Erklärung des Betheiligten, nach den klaren Worten der Verfassungsurkunde, 
ungenügend und die Sache durchaus nicht zweifelhaft findet, so hat derselbe ohne Weiteres eine zweite 
Wahl anzuordnen. 
3) Beamte bedürfen zur Theilnahme an den Verhandlungen der Ständeversammlung keines 
Urlaubs; die Stellvertretungskosten find von der Kasse zu tragen, aus welcher der Beamte sein Dienst- 
einkommen bezieht. Beamt.G. v. 24. Juli 1888, § 14. - 
4) V. U. § 40 a. (Ges. v. 21. Dez. 1869). Wiedereintritt eines in den Ruhestand versetzten Be- 
amten in den aktiven Dienst hat die Zweite Kammer (mit 31 gegen 30 St.) der Neuannahme eines 
Staatsamtes gleichgeachtet. Zw. K. 1882, Pr. H. S. 81.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.